Bei dem Festival “Rising Stars“ ist jeder der Abende einen Besuch wert. Hochbegabte Musiker geben sich den Türgriff der Laeiszhalle in die Hand.

Hamburg. Was kommt dabei heraus, wenn man lauter verschiedene Kugeln auffädelt? Eine kindergeburtstagstaugliche, kunterbunte Perlenkette. Dieses Bild drängt sich auf, wenn man das Programm des "Rising Stars"- Festivals liest, das am Sonntag mit einem Klavier-Recital des russischen Pianisten Igor Levit startet. Eine Woche lang geben sich dort junge, hochbegabte und informierten Kreisen bereits durchaus geläufige Musiker den Türgriff zum Kleinen Saal der Laeiszhalle in die Hand. Das Festival ist nicht eigentlich neu, sondern die Elbphilharmonie-Konzerte haben die Reihe, die sich sonst über die ganze Saison erstreckt, in einer Woche zusammengezogen.

Der rote Faden ist in diesem Fall nicht in der Dramaturgie zu suchen. Vielmehr beruht der innere Zusammenhang zwischen Solorecital, Liederabend und Kammermusik, zwischen Musik von der Renaissance bis zum 20. Jahrhundert auf schnöden Wirtschaftlichkeitsüberlegungen: Zehn Mitgliedshäuser der European Concert Hall Organisation tun sich zusammen, um junge Künstler zu engagieren. Das gibt den einen das, was sie am allernotwendigsten brauchen, nämlich Auftrittsmöglichkeiten. Für die anderen senkt es die Kosten, und Zuschüsse von der Europäischen Kommission gibt's auch. Die dritten wiederum, nämlich das Publikum, können sich über erstklassige Musik zu erschwinglichen Preisen freuen. Das ist keine Win-Win-Situation, um das vielstrapazierte Wort wieder mal zu bemühen, das ist sogar eine Win-Win-Win-Situation.

Genug gekrittelt und gerechnet. Ob sie nun zusammenpassen oder nicht, jeder einzelne der Abende in der kommenden Woche ist den Besuch wert, das mal vorweg. Igor Levit ist eigentlich schon kein "Rising Star" mehr; sein Stern leuchtet längst am Pianistenhimmel. Schon 2010 erhob ihn die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" zu einem der "großen Pianisten des Jahrhunderts". Entsprechend gewichtig ist sein Programm: Er hat sich die 24 Präludien op. 34 von Schostakowitsch ausgesucht. Die sind schon für sich genommen ein Universum an Geschichten, Bildern und Stilen, und dazu rahmt Levit sie noch mit zwei späten Beethoven-Sonaten ein, darunter die legendenumwobene Hammerklavier-Sonate op. 106. "Die Radikalität dieser Musik war Mitte des 19. Jahrhunderts in jeder Hinsicht ein Schlusspunkt", sagt Levit. "Das Stück ist jedes Mal eine seelische Grenzerfahrung für mich." Auch die anderen Programme sind handverlesen. Die junge Flötistin Daniela Koch und der Pianist Oliver Triendl spielen Schuberts Flötisten-Paradestück, die Variationen über "Trockne Blumen", und darum herum gruppieren sie Entlegenes. Isabelle Druet hat ihre Karriere als Schauspielerin begonnen, aber dann als Mezzosopranistin den zweiten Preis beim berühmten Königin-Elisabeth-Wettbewerb gewonnen. Mit der Pianistin Anne Le Bozec gibt sie einen Liederabend mit Werken von Mahler, Debussy und Raritäten des 19. und 20. Jahrhunderts. Die beiden Ungarn Ádám Banda und Orsolya Soós spielen einen überwiegend ungarischen, hochvirtuosen Abend mit Violinsonaten, während das schwedische Dahlkvist-Quartett sich von Schuberts Quartettsatz c-Moll aus auf eine klingende Skandinavien-Reise begibt.

Der bunte Hund in diesem Reigen ist die Gambistin Romina Lischka. Im Verein mit der Theorbistin Sofie Vanden Eynde und dem Cembalisten Raphaël Collignon entführt sie das Publikum ins höfische Frankreich des 17. und 18. Jahrhunderts mit seinen delikaten Klangfarben und kunstvollen Verzierungen.

Alle Künstler stellen sich eine Stunde vor dem jeweiligen Konzert in einer Einführungsveranstaltung vor, ebenfalls im Kleinen Saal. Wer mehrere Konzerte hört, der erlebt nicht nur die Stars der kommenden Jahre, er bekommt auch einen Überblick über die Vielfalt der Musik. Ein so disparates Programm hat eben auch seine Vorteile.

"Rising Stars" - die Termine: Igor Levit 13.1. (nur noch Restkarten)Daniela Koch, Oliver Triendl 14.1. Romina Lischka, Sofie Vanden Eynde, Raphaël Collignon 15.1. Isabelle Druet, Anne Le Bozec 18.1. Ádám Banda, Orsolya Soós 19.1. Dahlkvist Quartet 20.1. Alle Konzerte 19.30, Laeiszhalle, Kleiner Saal (U Gänsemarkt), Eingang Gorch-Fock-Wall

Vorgestellt: Das Künstlergespräch jeweils 18.30, Laeiszhalle, Kleiner Saal. Karten zu 21,- / erm. 10,50 unter T. 35 76 66 66; www.elbphilharmonie.de