Im Thalia thematisiert die Diskussionsreihe “Bridging the Gap“ große Fragen des 21. Jahrhunderts

Hamburg. Man könnte es Diskurs nennen oder den guten alten Begriff der Akademie verwenden. Man könnte den öffentlichen Raum nutzen oder sich unter den Stuck gediegener Salons zurückziehen. Viele Wege führen nach Rom, doch noch mehr zu den großen Fragen, die immer wieder neu sind, immer wieder bekannt vorkommen und doch immer wieder ungelöst bleiben. Zumindest bis zum nächsten Versuch, die Wissenslücke vor dem eigenen Horizont zu schließen.

Für diese Aufgabe stellt sich das Thalia Theater, gewissermaßen als gesellschaftspolitische und intellektuelle Bedürfnisanstalt, vom 21. Januar an mit einem fünfteiligen Diskussionsformat mit einem ganz eigenen Namen zur Verfügung: "Bridging the Gap" wurde vom Verein zur Förderung des Israel Museums in Jerusalem initiiert und wird von der "Zeit"-Stiftung unterstützt. "Bislang gab es zu wenig Bereitschaft, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen", sagt die Initiatorin Sonja Lahnstein-Kandel, die bei den fünf Abenden die Einführung übernehmen wird. Auch für Joachim Lux sind diese Themen chronisch bedeutsam: "Ich finde es wichtig, dass wir als Theater damit unser Profil schärfen. Den geistigen Horizont über den Alltag hinaus zu entwickeln, das ist mir wichtig."

Es soll dort darum gehen, wie gegenwärtig und erst recht zukünftig das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen und Religionen gestaltet und verbessert werden kann. Daher auch der Titel der Reihe, der sich auf die Förderung eines palästinensisch-jüdischen Kulturprogramms für Kinder und Jugendliche bezieht. Kurz vor Beginn der Lessingtage im Thalia, einer Reflexion über Gegenwart, Toleranz und Miteinander, könnte das Timing kaum passender sein.

Die Premiere auf der Thalia-Bühne, moderiert von Intendant Joachim Lux, bestreiten fünf anerkannt kluge Köpfe: Der polnische Diplomat Janusz Reiter, der deutsch-französische Politiker Daniel Cohn-Bendit, der Publizist und Ex-Kulturstaatsminister Michael Naumann, der französische Soziologe Alain Ehrenberg und die Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan diskutieren - 50 Jahre nach dem Élysée-Vertrag - über das Selbstverständnis Europas und die Haltungen seiner Intellektuellen angesichts einer Krise, die auf vielen Ebenen ungelöst und wohl auch noch unverstanden ist.

Die nächste Debatte am 3. März beschäftigt sich mit "Jüdischer Identität in Europa - zwischen Identität und Selbstfindung", mit dabei sind unter anderen der Hamburger Rabbiner Shlomo Bistritzy und der Rechtsanwalt und Publizist Michel Friedman. Am 7. April lautet das Thema "Pulverfass Nahost - Sind Frauen klüger?" Am 14. Mai wird zur "deutschen Migrationshintergründigkeit" die Frage "Lieben wir das Deutsche?" gestellt. Der letzte Termin, am 9. Juni, geht an die Wurzeln, denn es geht um "Das Religiöse und das Säkulare - Glaube gegen Vernunft".

"Wo bleiben die Intellektuellen in der europäischen Krise?" 21.1., 20 Uhr, Thalia Theater. Karten 14/8 Euro unter T. 32 81 44 44