Die künftige Intendantin Karin Beier über ihr neues Ensemble - und den langen Umbau: “Jede Woche weiterer Verzug wäre eine Katastrophe.“

Hamburg. Alle Hoffnungen ruhen auf Karin Beier. Ob der Neustart der designierten Schauspielhaus-Intendantin allerdings so geschmeidig über die Bühne an der Kirchenallee gehen kann, wie man es von der zupackenden und mehrfach ausgezeichneten Rheinländerin erwartet, ist keineswegs gesichert: "Die Sanierungsarbeiten sollten im September fertiggestellt werden, die Eröffnung für das Publikum wäre dann im Oktober gewesen. Mit diesen Terminvorgaben habe ich geplant, sie sind aber offensichtlich nicht zu halten", erklärt Beier im Abendblatt-Interview, ihrem ersten großen Gespräch vor der Übernahme im Sommer. Sie habe in den letzten Tagen ihren Spielstart umkrempeln müssen, "jede Woche weiterer Verzug wäre eine schiere Katastrophe", sagt Beier. "Der Schaden wäre in vielen Bereichen unendlich hoch." Noch immer wird am Schauspielhaus saniert und umgebaut, der laufende Spielbetrieb findet auf dem sogenannten Spielfeld über den ersten Parkettreihen statt.

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Am Freitag wird Karin Beiers letzte eigene Inszenierung in Köln Premiere feiern, in den vergangenen Wochen und Monaten musste sie ihre Aufmerksamkeit und Energie zweiteilen. Noch ist sie Intendantin am Schauspiel Köln, im Sommer wechselt sie endgültig ans Deutsche Schauspielhaus, die größte deutsche Sprechbühne. Bereits seit zweieinhalb Jahren plant die selbst Regie führende Intendantin ihre Hamburger Saisoneröffnung, ihr Eindruck der Hansestadt ist trotz der unklaren und verzögerten Bausituation bislang positiv: "Zunächst einmal laufen die Gespräche in der Behörde sehr viel professioneller als in Köln", hat sie festgestellt. Und weder der plötzliche Rücktritt des letzten Intendanten Friedrich Schirmer im September 2010 noch die anschließende und noch immer andauernde Übergangsphase hätten dem Haus einen bleibenden Imageschaden zugefügt: "Das Schauspielhaus hat immer noch einen tollen Ruf", glaubt Beier, die mittlerweile fast wie eine Heilsbringerin an der Kirchenallee erwartet wird.

Namen bestätigen möchte sie erst auf ihrer offiziellen Pressekonferenz im Frühjahr, dennoch betont Karin Beier, dass sie vor allem Wert legt auf ein hochkarätiges Ensemble. 33 Schauspieler werden diesem Ensemble angehören, einige Verpflichtungen erscheinen - auch angesichts der bisherigen Arbeitszusammenhänge von Karin Beier - zumindest sehr wahrscheinlich: Im Gespräch sind die Schauspielstars Maria Schrader, die man auch aus dem Kino (z. B. "Aimee und Jaguar") kennt, und Charly Hübner ("Polizeiruf 110"); ebenfalls nach Hamburg wechseln wohl Michael Wittenborn, der schon unter Frank Baumbauer an der Kirchenallee engagiert war, Josef Ostendorf und Paul Herwig. Als Regisseure werden unter anderen Katie Mitchell, Christoph Marthaler und Sebastian Nübling gehandelt, die Saisoneröffnungspremiere wird Karin Beier, die schon eine Wohnung in Eppendorf bezogen und ihre Tochter in Hamburg eingeschult hat, selbst inszenieren.

Dass Beier auch darüber hinaus mit den Herausforderungen zum Spielstart umgehen kann, scheint ausgemacht: "Krisen zu bewältigen setzt Energie frei", hat sie schon früher festgestellt. "Ich mag diesen etwas überforderten, elektrisierten Zustand." Baustellen-Management ist sie übrigens ebenfalls gewohnt: Das Schauspiel Köln musste für seinen großen Umbau sogar ganz umziehen.