In der Martin-Suter-Verfilmung, die am Sonnabend im ZDF zu sehen ist, spielen Stefan Kurt und Marie Bäumer ein intrigantes Paar.

Ein ordentliches Tempo legt dieser Film vor. Nach weniger als zehn Minuten hat er bereits zwei gescheiterte Selbstmordversuche auf dem Buckel. Der millionenschwere Kunsthändler Adrian Weynfeldt hält sich einen perlmuttbesetzten Revolver an die Schläfe, aber zieht es schließlich doch vor, seinen Lebensfrust mit Martinicocktails zu begießen. Das Gelegenheitsmodel Lorena schwingt in einem Anfall akuter Verzweiflung die langen Beine über die Balkonbrüstung, bevor sie sich besinnt und ins Bett zurückkrabbelt.

Adrian und Lorena. Ein Paar, wie es nur auf dem Papier oder auf dem Bildschirm existieren kann. Er ein großes Kind im Maßanzug, chronisch einsam und überlebensfähig nur innerhalb der eigenen vier Wände (das ist, zugegebenermaßen, eine Residenz vom Ausmaß mehrerer Fußballfelder). Sie eine Selfmade-Diva und Einzelkämpferin in eigener Sache mit einer Schwäche für Designerfummel. Die Vorstellung, bei ihrer Addition könnte eins plus eins drei ergeben, ist von vornherein abwegig.

Aber im Film des Schweizer Regisseurs Alain Gsponer ("Das wahre Leben") geht es weniger um die romantische Anziehungskraft zwischen des von Stefan Kurt und Marie Bäumer gespielten Paares als um ein clever inszeniertes Betrugsspiel, in dem jeder jeden an der Nase herumführt. Wer hoch pokert, kann seinen Einsatz verdoppeln. Wer vertraut, hat von vornherein verloren. Die Liebe ohne Kalkül hat in diesen chronisch unsteten Zeiten das Nachsehen.

Die Romanvorlage stammt von Martin Suter, dessen Besteller unter Fernsehmachern als unbedingt verfilmungstauglich gelten und hoch gehandelt werden. Besser als bei dem vor Weihnachten ausgestrahlten, mäßig gelungenen Psychodrama "Der Teufel von Mailand" gelingt es hier deutlich besser, Suters messerscharfes Beobachtungstalent und seinen bissig-pointierten Stil in Bilder zu übertragen. Das Echo der Lektüre ist im Film hörbar, was in diesem Fall eine gute Nachricht ist. Wer allerdings glaubt, man könne in Gsponers Verfilmung einen Blick hinter die Kulissen der Kunstbranche werfen, kommt kaum auf seine Kosten.

"Der letzte Weynfeldt" mag als Gesellschaftsporträt des Zürcher Intellektuellenmilieus samt Auktionshammer und Künstlermittagstisch verpackt sein. Im Kern ist der Film eine zugespitzte Satire über den Jahrmarkt der Eitelkeiten, auf dem Geld die einzige Währung ist, die verstanden wird. Die Welt, in der Adrian Weynfeldt sich bewegt, besteht aus goldenen Manschettenknöpfen, Füllfederhaltern und duttbekränzten Vorzimmerdamen, die ausrichten: "London hat angerufen." Das ist so gestrig, dass es schon wieder bewusst gewollt wirkt. Dabei ist Adrians Leben im Glashaus keinesfalls beneidenswert. Geprägt von einer Mutter, die schon nicht mehr mit Nachwuchs gerechnet und den Nachkömmling mit Zuneigung geradezu erstickt hat, ist es ihm unmöglich gewesen, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Mit anderen Frauen wollte die Mutter den Sohn nicht teilen müssen; er sollte allein und "der letzte Weynfeldt" bleiben.

In diesen sorgfältig von der Außenwelt abgeschotteten Kosmos platzt nun nicht nur Lorena, die Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs, sondern auch eine wertvolle Gesäßstudie des 1865 in Lausanne geborenen Malers Félix Vallotton, "Nackte Frau vor einem Ofen", um genau zu sein. Der im Januar 2012 verstorbene Vadim Glowna spielt einen Sammler auf den letzten Karrieremetern, der Weynfeldt eine Fälschung des Bildes in die bevorstehende Auktion schmuggeln will. Lorena bekommt Wind davon und schmiedet ihrerseits Pläne von brasilianischen Stränden.

Stefan Kurt spielt die Rolle des millionenschweren Unglücksraben im Liebestaumel gewohnt souverän. Jede Bügelfalte, jedes Nackenhaar sitzt. Marie Bäumer sieht man ohnehin immer gerne zu, auch wenn drei Fernsehfilme in einer Woche ("Adlon" nach "Weynfeldt" nach "Das andere Kind") selbst für treue Fans ein wenig übertrieben erscheinen. Aber dafür kann die Schauspielerin schließlich nichts. Ihre rot gelockte Lorena legt sie irgendwo zwischen Erin Brockovich und Lauren Bacall an. "Don't call us, we call you!" heißt ihr Lebensmotto. Schon als sie zu Beginn des Films Adrian am Bartresen begegnet und ihm die Olive aus dem Drink klaut, ahnt der Zuschauer, dass auf der Liaison zwischen dem Reichen und der Schönen kein Segen liegt. "Der letzte Weynfeldt" ist eben auch das: die Geschichte einer Frau, die zu genau weiß, was sie tut, und einem Mann, der nicht weiß, wie ihm geschieht.

Ihr Weg ins Verderben, der natürlich mit allerlei Verheißungen gepflastert ist, ist für den Zuschauer ein großes Vergnügen.

"Der letzte Weynfeldt", Sa, 21.45 Uhr, ZDF