Ulrich Seidls Drama “Paradies: Liebe“ zeigt Sex-Tourismus in Afrika

"Warum glänzt denn der so? Schau mal, wie der glänzt!" Teresa und Inge machen Fleischbeschau. Die beiden Touristinnen aus Österreich sitzen in der Strandbar eines Luxushotels in Kenia und taxieren einen jungen schwarzen Barmann. Er versteht die anzüglichen Bemerkungen der Frauen nicht, er lacht sie freundlich an. Die Frauen, beide um die 50, haben ihre beste Zeit lange hinter sich. Sie lümmeln mit ihren dicken Bikini-Hintern auf schmalen Hockern, weibliche Schönheit oder Eleganz liegt Lichtjahre hinter ihnen.

Teresa und Inge sind europäische "Sugarmamas", Sex-Touristinnen, die junge einheimische Männer am Strand aufgabeln, um sich mit ihnen zu vergnügen: bei Ausflügen, auf ihren Hotelzimmern, in kargen Apartments.

"Paradies: Liebe" nennt Regisseur Ulrich Seidl seinen Film. Mit einem Paradies hat dieser erste Teil einer Trilogie nur insofern zu tun, als dass die Natur in dem ostafrikanischen Land paradiesisch aussieht. Liebe kommt in diesem Garten Eden nicht vor. Es geht um Sex und Geld. Die in die Jahre gekommenen Touristinnen träumen davon, noch einmal begehrt zu werden. Am Beispiel von Teresa (Margarethe Tiesel) zeigt Seidl, dass die Anmache und die Komplimente zu einem Spiel gehören, in dem am Ende doch nur harte Währung zählt. Die Strandboys verkaufen sich, um ihre Familien durchzubringen. Das läuft subtiler als bei Prostituierten, die "Sugarmamas" werden um Geld für kranke Geschwister, für die Ausstattung einer Schule, an der eine Cousine unterrichtet, oder einen in Not geratenen Verwandten gebeten.

Ulrich Seidl zeigt, wie rassistisch und kolonial sich diese Frauen verhalten. Weil sie Geld besitzen, fühlen sie sich den Kenianern überlegen. Sie nehmen ihnen mit ihren ekelhaften Sexspielchen die Würde, die sie selbst schon längst abgegeben haben. Seidls bitterböser Film ist ein erschreckendes Beispiel für unsere Anmaßungen gegenüber anderen Kulturen und den Auswüchsen des Massentourismus. Liebe ist hier nicht zu finden, diese Urlaubsparadiese wirken eher wie ein exotisch anmutender Ort der Vorhölle.

++++- "Paradies: Liebe" Österreich 2012, 121 Min., ab 16 J., R: Ulrich Seidl, D: Margarethe Tiesel, Peter Kazungu, Dunja Sowinetz, Inge Maux, Helen Brugat, täglich im 3001, Zeise; www.neuevisionen.de