Ab 1. Januar löst der Rundfunkbeitrag die Rundfunkgebühr ab. Passauer Jurist erhebt Verfassungsklage gegen das neue Gesetz.

Hamburg. Den Namen Ermano Geuer wird man sich merken müssen. Der Jurist ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Universität Passau. Und er hat als Erster Verfassungsklage gegen ein Gesetz erhoben, das zum Jahreswechsel in Kraft tritt, ein Gesetz von dem die Mehrheit der Deutschen vermutlich nicht viel mitbekommt.

Denn wenn am 1. Januar der neue Rundfunkbeitragsstaatsvertrag den alten Rundfunkgebührenstaatsvertrag ablöst, werden die meisten von uns wie bisher schon 17,98 Euro im Monat für den Empfang von Radio und Fernsehen zahlen müssen. Ein paar Änderungen gibt es dennoch: Wer eine Zweitwohnung hat, muss nun dort auch Rundfunkgebühren entrichten, die künftig Rundfunkbeitrag heißen. Berufstätige Kinder, die noch bei ihren Eltern leben, sind dagegen von dem Beitrag befreit. Kompliziert wird es für Unternehmen, deren monatliche Zahlungen künftig je nach Betriebsgröße zwischen 5,99 Euro und 3236,40 Euro variieren.

Dennoch klingt das neue Prinzip, nach dem künftig gezahlt werden muss, ganz simpel: Die gerätebezogene Rundfunkgebühr wird durch den haushaltsbezogenen Rundfunkbeitrag ersetzt. Doch so einfach und harmlos ist das Ganze nicht: Vom 1. Januar an muss jeder Haushalt zahlen, unabhängig davon, ob es in ihm überhaupt einen Fernseher oder ein Radiogerät gibt. Und zwar den vollen Beitrag. Die ermäßigte Gebühr für Radiohörer, die nicht fernsehen, wurde abgeschafft.

Überhaupt sind die Begriffe "Beitrag" und "Beitragsservice", so heißt künftig die GEZ, ein ziemlicher Etikettenschwindel, der an das "Neusprech" in dem Roman "1984" von George Orwell erinnert. Beiträge entrichtet man an Vereine und Versicherungen, aus denen man austreten kann. Vor dem System des Beitragsservices alias GEZ gibt es aber kein Entrinnen.

Hier setzt der Jurist Geuer mit seiner Klage an. Für ihn ist der Rundfunkbeitrag kein Beitrag, sondern eine Steuer. Die Rundfunkkommission der Länder, die für den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verantwortlich ist, habe aber nicht das Recht eine Steuer zu beschließen. Zudem moniert Geuer, dass die Meldeämter künftig automatisch ihre Daten an die Landesrundfunkanstalten weiterleiten. So werde ein zweites Melderegister geschaffen - bedenklich aus Gründen des Datenschutzes.

Der fragwürdige Datentransfer ist aber erforderlich, um die dem Image der Rundfunkgebühr höchst abträglichen GEZ-Schnüffler in den Ruhestand schicken zu können, die noch bis vor Kurzem an Wohnungstüren klingelten und sich nach eventuell vorhandenen Rundfunkempfangsgeräten erkundigten. Ein zweiter Grund für die Einführung der Haushaltsabgabe ist, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio ihre Programme auch über digitale Geräte wie PCs und Smartphones verbreiten. Für die GEZ waren derlei Gerätschaften denn auch gleich "neuartige Rundfunkempfangsgeräte". Wohl auch, um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, die monierten, dass es wohl keinen PC gebe, der zum Empfang öffentlich-rechtlicher Programme angeschafft worden sei, wurde die gerätebezogene Rundfunkgebühr durch die Haushaltsabgabe ersetzt.

Dass nun jeder Haushalt zahlen muss, wird von den Öffentlich-Rechtlichen gern mit ihrem Kulturauftrag begründet. Tatsächlich tragen die vielen sogenannten Klangkörper der Sender - im Norden sind das unter anderem das NDR Sinfonieorchester, die NDR Radiophilharmonie, der NDR Chor, die NDR Bigband - erheblich zum kulturellen Leben in Deutschland bei.

Allerdings entfällt das Gros der Aufwendungen von ARD, ZDF und Deutschlandradio keineswegs auf die Kultur. Nach dem Personal dürften die sündhaft teuren Sportrechte ihr zweitgrößter Ausgabeposten sein. Und auf welcher gesetzlichen Grundlage sämtliche deutschen Haushalte gezwungen werden können, die völlig überzogenen Gehälter von Profisportlern zu subventionieren, ist eine Frage, die noch ihrer Beantwortung harrt.

Im Zuge der Verfassungsklage des Juristen Geuer könnte auch diese Problematik thematisiert werden. Wie das Verfahren ausgeht, ist völlig offen. Zwar liegt dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ein Gutachten des renommierten Verfassungsrechtlers Paul Kirchhof zugrunde.

Allerdings wurden nicht alle Punkte seines Papiers umgesetzt. Der Verfassungsjurist wollte nämlich die Öffentlich-Rechtlichen im Zuge der Gebührenumstellung reformieren - zumindest ein bisschen. Paul Kirchhof hatte vorgesehen, dass die Sender künftig komplett auf Einnahmen aus Werbung und Sponsoring verzichten. Aber das mochte ihnen die Politik dann doch nicht zumuten.