Hamburg. So mancher Autor stellt es sich vielleicht ganz unterhaltsam vor, die meisten hingegen fürchten es: Die Begegnung mit der eigenen Figur. Der Abend "Da muss was Lebiges hinein - Über Theodor Storm" im Theater N.N. bringt den großen Dichter des Nordens mit seiner bekanntesten Figur zusammen, Hauke Haien aus der Novelle "Der Schimmelreiter", jenen hybriden Deichgrafen, der gegen die Naturgewalten und die bornierte Dorfgemeinschaft gleichermaßen kämpft. In ihrer Textcollage mischen Gerti Brandt und Dieter Seidel Biografisches und Künstlerisches zu einem Reigen flotter Szenen-Apercus.

Der Dichter, bei Carsten Dworak ein nachdenklicher Narziss, geht am Stock und ächzt gegen sein Kunstobjekt, das bei Marc Laade reichlich Widerworte findet. Storm fühlte sich bekanntlich am meisten in der Lyrik zu Hause und wird auch hier des Rezitierens nicht müde. Besingt die Liebe zur Frau ("Bettlerliebe", "Wer je gelebt in Liebesarmen") und jene zu einem Kind ("Ruhestörerin"). Vor allem fängt er natürlich die kargen Weidelandschaften mit ihren Schafherden und die über die Deiche tosenden Stürme ein.

Eine flackernde Neonröhre markiert den Horizont. Das Quietschen von Krischa Webers störrischem Cello keckert mal wie ein Kind, mal brandet es in nordischer See. Blitzschnell verschwinden die Figuren hinterm Vorhang und kehren in neuem Kostüm wieder. Hauke flirtet mit der strickenden Elke, bei Alena Oellerich ein temperamentvolles Weib. Dann wieder sitzt Storm mit Ehefrau Constanze (sieben Kinder) im Café. Der ganz normale Familienwahnsinn und man redet aufs Herrlichste aneinander vorbei. Der große Erotiker stellt sich vor.

Diese nette kleine Collage schwingt sich nicht auf zu einem großen Entwurf, wartet nicht mit neuen Enthüllungen oder Sichtweisen auf, aber sie taucht mit Charme ein in die Gedankenwelt Storms und rückt uns den Dichter des Nordens ein wenig näher.

"Da muss was Lebiges hinein - Über Theodor Storm" Termine bis 26.1.2013, Theater N.N., Hellkamp 68, Karten T. 38 61 66 88