Die Doku “Auf Streife im Großstadtrevier“, die der NDR heute zeigt, ist eine kritikfreie Hymne auf St. Pauli: den Stadtteil und seinen Verein.

Diesen Beitrag kann man sich anschauen, ohne Weiteres. "Auf Streife im Großstadtrevier" ist nicht mehr und nicht weniger, als der Titel verspricht: ein Bummel über den Kiez, ein Besuch im neuen Millerntor-Stadion. Es sind die Schauspieler Maria Ketikidou (alias Hariklia "Harry" Möller) und Jens Münchow (Paul Dänning), die da knapp 40 Minuten durch die Straßen bummeln und dabei ein bisschen erzählen.

Das "Großstadtrevier", das wird einem bei diesem Fernsehspaziergang bewusst, ist inzwischen nicht nur ein Teil deutscher Fernsehgeschichte. Sondern auch ein Stück dokumentierter Hamburger Baugeschichte. "Wie sah es denn früher hier aus?", fragt Jens Münchow, als sie an der Großen Elbstraße stehen, auf Höhe der Seemannsmission. "Brach", antwortet Maria Ketikidou, seit 18 Jahren spielt sie schon in der Serie im 14. Revier. In diesem Moment werden Bilder aus alten Folgen eingeblendet, eine Verfolgungsjagd aus dem Jahr 1988, vom Fischmarkt Richtung Landungsbrücken. Bilder aus einer anderen Welt.

Dann stehen sie vor dem alten Fabrikgebäude an der Großen Elbstraße 146. Jahrelang hatte Dirk Matthies hier "gewohnt", mit unverbautem Blick auf den Hafen. "Wenn du nach links guckst, weißt du, warum er ausgezogen ist", sagt Ketikidou. Die Kamera schwenkt auf ein nichtssagendes Hochhaus, einen Zweckbau aus Glas und Beton. Das finden die beiden nicht schlimm, ganz im Gegenteil. Sie schauen und grinsen, eigentlich grinsen sie die ganze Zeit. "Hamburg verändert sich wie das ,Großstadtrevier', und das ist auch gut so", sagt Ketikidou.

Es sind Momente wie diese, in denen man sich fragt, warum dieser Streifzug gedreht wurde. Um eine kritikfreie Hymne auf St. Pauli zu singen? Das kann man tun, ist ja quasi der Quellcode dieser Serie. Um den NDR-Zuschauern Hamburg zu erklären? Hm. Dürften die kennen. Aber ein Rundgang, auf dem die eine dem anderen vom "Großstadtrevier" den Kiez zeigt? Das ist dann wirklich etwas überflüssig. So neu ist Jens Münchow dann ja doch nicht mehr, und selbst auf dem Fischmarkt hat er schon gedreht, während er stattfand, was dann auch die eingespielten Bilder aus der Folge "Butter bei die Fische" beweisen. Und trotzdem wird erklärt, was das Zeug hält. Was die Landungsbrücken sind. Wer nicht in die Herbertstraße darf. Dass sich beim FC St. Pauli alle lieb haben. Was ein bisschen so wirkt, als würde man Sebastian Vettel aufmalen, wie er am besten um die Kurve fährt.

Am Ende führt Maria Ketikidou den Kollegen dann endlich ans Millerntor. Sie ist ein großer Fan dieses Vereins, das hat man sehr schnell verstanden. Für alle, die es nicht verstanden haben, zeigt sie zur Sicherheit noch einmal das Fan-T-Shirt, das sie unter der Bluse trägt. Der FC St. Pauli, lernt man von ihr, sei im Grunde wie das "Großstadtrevier". "Es sind beides Kultstätten. Beide gibt es schon ewig. Beide sind Rock 'n' Roll und politisch engagiert. Der Underdog-Verein."

Natürlich hinkt dieser Vergleich. Aber natürlich ist das bei einem solchen Streifzug auch egal. Es geht um das Gefühl, das sich einstellt, wenn man montagabends das Erste einschaltet. Beim "Großstadtrevier" geht es um das Bild einer Stadt, das nur noch entfernt etwas mit dem heutigen Hamburg zu tun hat, auch wenn Maria Ketikidou ständig das Gegenteil behauptet. "Hier in Alt-St.-Pauli, hier ist alles noch so unprätentiös, so normal. Hier gibt es noch den kleinen Handwerksladen und den Türken nebenan."

Nur: Der "Türke nebenan" kann sich die Mieten auf St. Pauli schon seit Jahren nicht mehr leisten.

"Auf Streife im Großstadtrevier" heute, NDR, 22.50 Uhr