Alia Luque inszeniert das Beziehungsdrama “Begehren“ von Josep Maria Benet i Jornet

Die menschliche Gefühlswelt ist komplex. Wer wen begehrt und warum, ist schwer zu durchschauen. In dem Stück "Begehren" des Katalanen Josep Maria Benet i Jornet sind alle Figuren ihren Gefühlen ausgeliefert. Und sie sind unglücklich. Der Ehemann, der mit seiner Frau ins Wochenendhaus ohne die Töchter aufbricht und seine Frau, die an einer Weggabelung vielleicht eine falsche Abzweigung genommen hat.

Die in Barcelona geborene Regisseurin Alia Luque, die das Stück für die Premiere am Sonnabend im Thalia in der Gaußstraße einrichtet, hat sich mit ihrer bisherigen Arbeit für das Beziehungsdrama empfohlen. Auch in "Blind Date" spielte sie Gefühlszustände durch. "Mich interessiert hier weniger der Plot, auch nicht Behauptungen der Figuren, sondern das, was im Verborgenen liegt." Und da liegt so einiges.

Unversehens sieht sich die Ehefrau mit Entscheidungen der Vergangenheit konfrontiert, als ein ominöser Anrufer am Ende der Leitung notorisch schweigt und ihr an einer einsamen Landstraße gleich mehrfach ein Mann mit liegen gebliebenem Fahrzeug zuwinkt. Das Geschehen bekommt thrillerhafte Züge. An einer Tankstelle laufen die Fäden zusammen.

"Die Vergangenheit ist oft hinderlich, weil sie eine ideale Vorstellung mit der Realität verkoppelt, zwischen beiden aber eine Diskrepanz besteht", sagt Alia Luque. "Letztlich kann man nur leben, wenn man sich bekennt." Das tun die Figuren nicht. Aus Angst vor den Folgen träumen sie lieber weiter von der Utopie der einen, wahren Liebe.

Der Autor Jonet hat 46 Dramen verfasst, in denen er sich in der Regel als Beobachter erweist, der letzte Antworten seinem Leser oder Zuschauer überlässt. Auch in "Begehren" bleibt der Zuschauer mit seinen Assoziationen zurück. Hierzulande werden Jonets Stücke eher selten aufgeführt. Man fokussiert sich lieber auf die heimischen Gegenwartsdramatiker. "Dabei erzählt er keine Geschichte, sondern spielt mit dem Erzählten, um Widersprüche im Verhältnis der Menschen aufzudecken", so Luque. Das tut er in einer knappen, rauen Sprache, die Luque selbst gemeinsam mit Susanne Meister aus dem Katalanischen übertragen hat. In ihrer Inszenierung setzt sie auf ein eher pures Setting, in dem sie intensive Begegnungen verhandelt. Die Schauspieler müssen sich auf eine psychologische Nacktheit einlassen.

Denn Luque, die nach dem Besuch der Theaterakademie in Barcelona Geisteswissenschaften studiert und sich über Hospitanzen am Stadttheater hochgearbeitet hat, liebt die deutsche Sprache. "Keine andere beschreibt die menschlichen Affekte mit einem derartigen Reichtum an Nuancen."

"Begehren" Premiere Sa 15.12., 20.00, Thalia in der Gaußstraße (S Altona/Bus 2), Gaußstraße 190, Karten 26,-/erm. 12,- unter T. 32 81 44 44 oder unter ww.thalia-theater.de