Hamburg . So elfenhaft Alice Sara Ott auf die Bühne der Laeiszhalle einschwebte, so grazil begann sie auch ihr Programm. In Mozarts Duport-Variationen tänzelten die feingliedrigen Finger der Pianistin ganz schwerelos über die Tasten. Wie zehn kleine Luftgeister, die ein und dieselbe Melodie immer aufs Neue umkreisen.

Dagegen forderte und bekam die anschließende Schubert-Sonate D 850 einen anderen Zugriff: Energisch, aber immer kultiviert, formte Ott den ernsten Ton des eröffnenden Allegro; den zweiten Satz beseelte die junge Deutsch-Japanerin mit dichtem Legato und der Kunst des Hinauszögerns: Wunderbar, wie sie die Hörer immer vor dem Höhepunkt der Melodie ein Millisekündchen warten ließ - und damit die wienerische Wehmut zutage förderte, die Schuberts Musik so oft verströmt.

Trotz solcher Finessen, trotz ihrer Fähigkeit, die harmonischen Lichtwechsel subtil zu durchleuchten, war die Bandbreite der pianistischen Möglichkeiten zur Pause noch lange nicht ausgeschöpft.

Was mancher in der ersten Hälfte noch vermisst haben mag, das lieferte Alice Sara Ott dann in der zweiten Hälfte des Konzerts nach: In Mussorgskis Zyklus "Bilder einer Ausstellung" schärfte sie die Kontraste deutlich und meißelte zum Schluss Akkorde von granitschwerer Wucht aus den Tasten. Als wären der Elfengestalt plötzlich Riesenpranken gewachsen, mit denen sie den Flügel beackerte.