Die langjährige F.C.-Gundlach-Mitarbeiterin Simone Bruns inszeniert Bildkunst emotional auf besonders exklusiven “Photo-Soiréen“.

Hamburg. Für die einen ist sie eine echte Könnerin auf ihrem Gebiet. Anderen erscheint sie verdächtig, weil sie Kunst ins Zentrum einer aufwendig zelebrierten gesellschaftlichen Veranstaltung stellt und damit die derzeit fortschreitende Eventisierung der Kunstszene weiter anheizt. Simone Bruns polarisiert. Beim Treffen im dem Kunstverein angegliederten Restaurant Pane e Tulipani trägt sie einen zupackenden Blick unter blonder Mähne. Die Bluse sieht teuer aus. Sie ist teuer. Die ultrahohen Keilstiefelletten dagegen waren ein modisches Schnäppchen. Vielleicht ist die Kombination des auf den ersten Blick Unpassenden das Erfolgsgeheimnis der Simone Bruns.

Lange Jahre hat die langjährige Mitarbeiterin F.C. Gundlachs extrem erfolgreich Sponsoren für dessen früheres fotografisches Dienstleistungsunternehmen PPS (Professional Photo Service) und später die Deichtorhallen an Land gezogen. Insgesamt einen siebenstelligen Betrag in acht Jahren. Bis heute richtet sie hier die glamourösen Eröffnungen aus, wie zuletzt von Malerstar Anselm Reyle. Sorgt für eine öffentlichkeitswirksame Prominentendichte.

"Für mich erschließt sich Kunst über einen emotionalen Zugang", sagt sie. "Ich möchte daraus ein Erlebnis machen." Natürlich dürfe Kunst auch mal sperrig und schwierig sein, aber sie sollte glamourös präsentiert werden. Seit einem Jahr veranstaltet die Inhaberin einer Agentur für Kunst und Kommunikation viermal im Jahr eigene exklusive "Photo-Soiréen" meist in Privatvillen wohlhabender Hamburger.

Künstlerinnen und Künstler wie Daniel Josefsohn, Kristian Schuller, Kai Stuht, Misha Tayler oder Christian von Alvensleben aber auch junge Fotografen, wie André Hemstedt & Tine Reimer, die sie in "The Beauty of Darkness" mit einer Gruppenschau bedachte, hat sie bereits ausgestellt. Begehrte Vertreter einer eher an Lifestyle-, Mode- oder Glamour orientierten Bildsprache.

Die sozialkritische Milieureportage oder die Junkie-Serie wird man bei ihr eher nicht finden. Kunst soll nicht verstören. Eher bei ausgewiesenen Kennern und Ästheten für Erbauung sorgen. Und natürlich darf und sollte sie nicht nur betrachtet und bewundert, sondern auch erworben werden. Es wäre zu einfach, Simone Bruns ein vordergründiges Interesse am Mondänen zu unterstellen. Vieles an ihrer erstaunlichen Karriere wäre nicht möglich, ohne Hartnäckigkeit und Gespür. Auch nicht ohne die Hilfe eines echten Meisters: F.C. Gundlach. Die Hamburger Fotografenlegende nahm Bruns ein Jahr lang unter die Fittiche, besuchte mit ihr Ballettpremieren, Unternehmergeburtstage und Vernissagen. Nach einem Jahr war die gebürtige Ostfriesin und selbst gelernte Fotografin bestens vernetzt in der Kunst- und Sammlerszene. Statt der angestrebten 600 000 D-Mark Sponsorengelder in drei Jahren schaffte die 43-Jährige 1,2 Millionen D-Mark in einem Jahr ran. Und fand sich mit Firmenwagen, 300-Quadratmeter-Büro und fünf Mitarbeiterinnen wieder.

Bruns begreift sich als Kulturförderin. Gleichzeitig wettert sie gegen die Konzepte herkömmlicher Galerien. "Ich habe mich da immer unwohl gefühlt. Da steht man rum und trinkt schlechten Rotwein aus Plastikbechern!" Vielmehr gelte es, Kunst mit einer angemessenen Form der Präsentation zu würdigen. In edlem Ambiente. Mit speziell gesetztem Licht und mit thematisch passender, meist klassischer oder auch mal keltischer Musik. Dabei gehört es ja eigentlich zum Selbstverständnis der Kunst, atmen können, frei und zugänglich für jedermann zu sein. Die Kunst, die Simone Bruns ausstellt, ist nicht frei zugänglich. Sie ist nur an einem einzigen Abend sichtbar. Für eine handverlesene Klientel. "Am Ende des Tages geht es doch darum, dass die Künstler ihre Arbeiten verkaufen", rechtfertigt sie ihr Konzept.

Tatsächlich prügelt sich die Hautevolee von der Elbchaussee darum, eine der begehrten, für jede Veranstaltung individuell ausgerichteten Einladungen zu erhalten, Fotografen fluten sie mit elektronischer Anfrage-Post. Als Konkurrenz zur Galeristenszene sieht sich Bruns nicht. Anders als einige Kolleginnen, die Vergleichbares versuchen, hat sie ein echtes Interesse an Fotografie und ein Gespür für die sensible Kunstszene. Bruns weiß, dass dick aufgetragener Glamour alleine nichts bewegt. Am Ende zählt nur eines: Qualität. Und die weiß sie gekonnt und ideenreich zu präsentieren. Sie hat schon mal Fotos für die Soirée "The Beauty of Darkness" im Dunkel inszeniert und den 500 Gästen am Eingang Taschenlampen in die Hand gedrückt. Auf der schwebenden Installation von Antony Gormley in den Deichtorhallen lud sie zu einer Barfuß-Party.

Ihre nächste Veranstaltung dreht sich um die 1975 verstorbene Hamburger Fotografenlegende Herbert List. Den exklusiven Ort und das Datum kennt nur die Gästeliste. In der Privatvilla eines bekannten Hamburger Unternehmers tauscht sie dafür die alten Schinken an den Wänden gegen elegante Schwarz-Weiß-Fotografien aus. Die Besucher erwartet ein Essen in privater, bourgeoiser Umgebung. Der natürlich edle Dresscode lautet passend zu den surrealen Fotografien Lists "Mystic Black & Smokey Eyes".

Auf Bruns' Gästeliste gelangt niemand, weil er mal einen Talentwettbewerb gewonnen, sich im Playboy entblättert oder Kakerlaken im Dschungelcamp heruntergewürgt hat. "Ich lade Niemanden ein, der nur gesehen werden will, sondern weil er sich für Kunst interessiert", sagt sie. "Mich faszinieren Menschen, die etwas zu erzählen haben. Die in ihrem Leben etwas bewegt haben." Man muss dieses dezidiert an eine bestimmte Klientel gerichtete Konzept nicht mögen. Aber der Erfolg zeigt, dass sie damit ganz offensichtlich einen vorhandenen Bedarf stillt. Geschenkt. Solange es der Kunst hilft.