Und ewig grüßt der Jazzrock: Solisten in Top-Spiellaune, Band bleibt an der Kette

Hamburg. So rundum froh schauten sie nicht, all die Damen in ihren Paillettentops, die sich am Sonnabend in der ausverkauften Fabrik beim Konzert von Till Brönner ihre mehr oder weniger langen Beine in den Bauch standen. Der Beau des deutschen Jazz hatte nämlich auf das, weswegen sie wohl vor allem gekommen waren, den ganzen Abend lang keine Lust: für sie zu singen. Und auch dem Balladenaffen gab er nur wenig Zucker. Viel lieber stürzte sich der Trompeter bei nahezu jedem Song in eine weitere Solo-Battle mit dem Kollegen Magnus Lindgren am Saxofon, während die Rhythmusgruppe (Jasper Soffers, Keyboards, Christian von Kaphengst, Bass, und Wolfgang Haffner, Schlagzeug) auf eher kleinem Feuer vor sich hinköchelte.

Was Brönner und Lindgren da entfachten, zeugte von großer Spielfreude und Konditionsstärke. Vor allem der Trompeter blies Kaskade um Kaskade aus seinem Flügelhorn, redselig und geschmeidig, stellenweise auch mal rau. Auf der gestopften Trompete gewann seine melodische Erfindungsgabe beim Improvisieren deutlich an Prägnanz. Lindgren war auch an der Querflöte zu erleben, die er passagenweise schön knurrig spielte. In einem finalen Duett steigerten sich die beiden Bläser in einen von Wah-Wah-Effekten à la Blaxploitation beflügelten Rausch.

Leider hatte die Band an derlei inszenierten Ekstasen wenig Anteil. Vor allem Wolfgang Haffner trommelte, als habe ihn jemand an die goldene Kette gelegt. Von dem, was Brönner im Studio an Atmosphäre, Vielfalt und Zwischentönen gelang, blieb im recht einförmigen Sound der schlanken Tourbesetzung nicht viel übrig. Gegen Ende des gut zweistündigen Konzerts wurden kompakte Jazzrock-Grooves zum gemeinsamen Nenner. Musik wie aus dem Museum, nur ohne den flirrenden, schönen Irrsinn der Vorväter.