Leser bekommen einen Rückblick auf mehr als zwölf Jahre “FTD“ und erfahren, welche Stücke die Redakteure eigentlich noch schreiben wollten.

Hamburg. Eigentlich erscheint die letzte Ausgabe der "Financial Times Deutschland" (FTD) erst diesen Freitag. Doch so ein klein wenig verabschiedete sich die Redaktion bereits am Donnerstag von ihren Lesern. In einem Gedicht auf der Meinungsseite ging es um den Nikolaus, der dem Blatt in seiner Güte "jedes Jahr Millionen" gebracht habe - eine Anspielung darauf, dass die Zeitung den Verlag Gruner + Jahr (G+J)in den knapp 13 Jahren ihres Bestehens gut 250 Millionen Euro kostete. Aber nun hätten die Socken der "FTD" Löcher. Und weiter heißt es: "Wir wollten doch die Löcher flicken! / Die Nadel lag bereit! / Doch man vergaß, uns Garn zu schicken, / und nun ist Abschiedszeit."

In dieser Abschiedszeit herrscht in der Redaktion eine seltsame Stimmung. "Bereits Tränen während der Vorbereitungen für die Abschiedsausgabe gelacht", twitterte eine Redakteurin schon am Montag. Und am Donnerstag meldete sie gegen 13 Uhr: "Jetzt knallen auch im Unternehmensressort die ersten Sektkorken." Betriebsrätin Maike Rademater sprach dagegen auch von "Trauer" und "Wut" darüber, "wie mit uns umgegangen wird".

Erbost hatte die Redakteure zuletzt, dass der Verlag sie nicht freistellen wird. Begründet wurde die Maßnahme offenbar damit, dass die Mitarbeiter, die noch mit der Produktion der Magazine "Capital", "Impulse" und "Börse Online" beschäftigt sind, nicht schlechter gestellt werden sollen als die Kollegen der "FTD". Obwohl ihre Zeitung bereits eingestellt ist, müssen die Redakteure, denen erst im Januar gekündigt werden soll, auch am Montag wieder zur Arbeit gehen - zumindest theoretisch. Mündlich sei ihnen versichert worden, sie könnten zu Hause bleiben, sagt eine Redakteurin. Doch ist eine solche Zusage rechtlich bindend? Falls nicht, könnte Redakteuren, die sich von ihrem Arbeitsplatz entfernen - und sei es nur für ein Vorstellungsgespräch -, fristlos gekündigt werden.

"Dieser Verlag macht mal eben eine Zeitung zu, weiß aber nicht, wie", ätzt Rademater. Das bezieht sich auch auf die unsichere Situation der 35 Redakteure im Berliner "FTD"-Büro. Weil der Verlag "Capital" in die Hauptstadt verlegen will, soll den Berlinern zunächst nicht gekündigt werden. Allerdings werden für das Magazin nur zehn bis 15 Redakteure benötigt.

Diesen Freitag wird die Redaktion um 14 Uhr vor dem G+J-Verlagshaus noch einmal für ihre Rechte demonstrieren. Anschließend werden um 15 Uhr auf einer Betriebversammlung die G+J-Vorstände Julia Jäkel und Achim Twardy den Redakteuren erläutern, wie sie sich konkret die Auflösung der G+J-Wirtschaftsmedien vorstellen. Am Abend steigt im Eidelstedter Edelfettwerk die traditionelle "FTD"-Weihnachtsfeier als Abschiedsparty unter dem Motto "How to end it". Und am Sonntag endet dann noch die Auktion von "FTD"-Devotionalien bei Ebay zugunsten von Reporter ohne Grenzen, die bislang 25.000 Euro erbrachte.

Derweil können sich die "FTD"-Leser an der letzten Ausgabe des Blattes erfreuen. Sie bekommen einen Rückblick auf mehr als zwölf Jahre "FTD" geboten, erfahren, welche Stücke die Redakteure eigentlich noch schreiben wollten, erhalten tiefe Einblicke in die Redaktion und können in einem letzten Leitartikel, der über eine komplette Seite geht, nachlesen, welche drängenden Probleme die Politik lösen muss.

Der schönste Abschiedsgruß stand aber im Gedicht der Donnerstagausgabe: "Die rosa Socken bleiben leer, / der Wind pfeift durch die Maschen, / das Licht geht aus, das Herz wird schwer, / die Redaktion leert Flaschen."