Am Sonntag bekam Julian Greis im Thalia-Theater den Boy-Gobert-Preis. Allein im November und Dezember steht er 50-mal auf der Bühne.

Hamburg. Es sei doch so, analysierte Kultursenatorin Barbara Kisseler in ihrem Grußwort, dass sich Schauspieler zu den Regeln der ökonomisierten Gesellschaft grundsätzlich gegensätzlich verhalten. Sie geben permanent sehr viel her, ohne je zu wissen, was genau sie zurückbekommen. Das sei nicht nur ein Geschenk für die Zuschauer, sondern eine Belebung und Bereicherung für jede Art von Gemeinschaft. Vielleicht auch deshalb konnte sich die Senatorin "keinen Ort in der Stadt vorstellen, an dem es heute schöner wäre".

Dem Publikum im nahezu "ausverschenkten" Thalia-Theater ging es ganz ähnlich, vor allem einer aber hatte allen Grund, sich an diesem ersten Adventssonntag keinen anderen Ort auf der Welt zu wünschen: der junge Thalia-Schauspieler Julian Greis, dem in einer lustigen, bewegenden, berührenden und charmanten Matinee der Boy-Gobert-Preis der Körber-Stiftung verliehen wurde. Ein Preis, den vor ihm so renommierte Schauspieler wie Susanne Lothar, Martin Wuttke oder Ulrich Tukur erhalten haben und den der Juryvorsitzende Burghart Klaußner als "die pure Ertüchtigung" beschrieb, dennoch "nur eine glückliche Station", "nur zu machen mit anderen im Verbund".

Und eben doch ein nachhaltiger Widerhall auf die eigene Arbeit, eine Wahrnehmung, eine Würdigung all der Durchlässigkeit, Offenheit, Geduld, Verletzbarkeit, Anarchie und was an diesem Vormittag noch so an Qualitäten aufgezählt wurde, die einen Schauspieler zu einem guten Schauspieler machen. Ausdauer und Kraft wären da sicher noch zu nennen, dem Leistungssport nicht unähnlich: Allein im November und Dezember spielt Julian Greis 50 Vorstellungen und erreicht damit sagenhafte 45 000 Zuschauer.

Viel war über das Theater und den Schauspieler an sich zu erfahren an diesem Sonntag. Jung bleiben müsse ein Theater, um am Leben zu bleiben, sagte Thalia-Intendant Joachim Lux, immer in Bewegung und sich dabei immer infrage stellen. Schauspieler wollen beweisen, dass es jeden von uns nur einmal gibt, glaubt Burghart Klaußner. Und Julian Greis? Er wirkte inmitten all dieser Einordnungslust so jungenhaft und fröhlich, wie man es ihm auch für sein weiteres Berufsleben nur wünschen kann. Er arbeite aus einem großen Grundvertrauen heraus, erzählte die Regisseurin Maria Ursprung in ihrer warmherzigen Laudatio, sei loyal und kollegial. Tatsächlich gelang es ihm, in den prägnanten Momenten seiner Dankes-"Vorsprechrollen" und im Verbund mit seinen Ensemblekollegen Franziska Hartmann, Thomas Niehaus und Jörg Pohl, die den Morgen ohne Worte in eine schön schrullige "Festzeitstory" betteten, eine Unbekümmertheit auszustrahlen, die eine sehr besondere, reine Qualität hatte, eine, ja, das war es wohl tatsächlich: pure Verspieltheit.

"Forever young" blockflötete die "Festzeitstory"-Gesellschaft passend zum Abschluss. Das Theater, es muss jung bleiben, es bedarf jener, die sich verschenken, die sich nicht nur in der Adventszeit verschwenden, nicht nur beim Boy-Gobert-Preis. Einen, der dabei so viel Optimismus und Fröhlichkeit ausstrahlt wie Julian Greis, den kann das Theater sehr gut gebrauchen.

Julian Greis spielt u. a. in "Der gestiefelte Kater" (12., 18.12., Restkarten), "Geisterritter" (11., 12., 13., 14., 17.12., Restkarten), "Merlin" (15.12.), "Fuck your ego!" (27.12.), "Der zerbrochne Krug" (31.12., 18 Uhr)

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