Ein Kommentar von Tom R. Schulz

Der Begriff selbst klingt so kreuzunmusikalisch, dass man ihn zum kulturellen Unwort des Jahrzehnts erklären möchte: Musikvermittlung. Vermittlung! Man hat dabei nervöse Männer aus alten Filmen vor Augen, die mit ihren Fingern arhythmisch auf die Telefongabel hämmern und fernmündlich irgendein armes Fräulein vom Amt zusammenfalten. Trotzdem sagen alle, Musikvermittlung sei heute das A und O. Und sie haben ja recht.

Am Montagabend war in zwei völlig unterschiedlichen Konzerten zu erleben, wie die einfachste Musikvermittlung der Welt funktioniert. Man muss mit den Leuten reden. Und zwar nicht vom Olymp des gottähnlichen Künstlers herab, sondern von Mensch zu Mensch. Noch ehe er einen Ton gespielt hatte, dankte der finnische Geiger Pekka Kuusisto auf seine nordisch-charmante Art dem Publikum in der Laeiszhalle dafür, dass es überhaupt gekommen war. Im Fernsehen gebe es ja bestimmt auch was heute. Der meinte das so. Später sang er ein finnisches Volkslied zu Gitarrenbegleitung auf seiner Violine.

Die Jazzsängerin Dee Dee Bridgewater plauderte in der Fabrik mit ein paar Zuschauern oben auf der Galerie, flirtete bei "Love For Sale" deftig mit einem Gast und trug zwischendurch ihren kleinen Hund, der sich auf die Bühne verirrt hatte, in die Garderobe zurück. Als später im Saal knirschend ein Glas in die Brüche ging, fielen ihr auch dazu ein paar Zeilen ein und eine Melodie. Wenn Performen heißt, mit den Menschen zu sein, nicht bloß vor ihnen, dann nehmen die anders Anteil an der Musik. Und kommen beim nächsten Mal wieder. Auch deswegen.