2011 begeisterte die Band Dikta bereits beim Reeperbahn-Festival. Heute spielt sie ihre zarten Melodien in der Prinzenbar.

Prinzenbar. Auf ganz Island, das kann man finden wie man will, gibt es keinen einzigen McDonald's. Weder in Reykjavík noch in Kevlavík, wo der Flughafen liegt und mal eine amerikanische Kaserne stand: Auch dort gibt es keinen, was allerdings mehr über die Isländer aussagt als über die amerikanische Fast-Food-Kette. Niemand hat hier etwas gegen Imbissbuden. Aber warum sollte man ausgerechnet in einer amerikanischen essen, wenn es auch ein geräucherter Lammschinken tut oder es ein paar Schafshoden gibt?

Was man tut, das tut man bewusst auf dieser Insel, und das gilt auch für die Sprache und Kultur. Kaum ein anderes Land der Welt hat so eine lebendige Musikszene wie Island, jedes Jahr strömen neue, junge Bands auf den Markt. Aber es sind keine künstlich kreierten, für den kurzen Erfolg zusammengecasteten Gebilde. Sondern Künstler, die es ernst meinen und irgendwie immer anders heißen als die anderen. Gus Gus. Múm. FM Belfast. Retro Stefson.

Oder Dikta. Dikta, das sind vier Isländer Anfang 30, junge Männer, die mitten im Leben stehen und doch auch Musiker sind, mit vollem Ernst. Sie spielen Schlagzeug (Jón Þór Sigurðsson), Bass (Skúli Gestsson), Gitarre (Jón Bjarni Pétursson) und Keyboard (Haukur Heiðar Hauksson). Sie kennen sich seit der Schule, haben studiert und sind Lehrer geworden, Chirurg und Pilot. Nebenbei haben sie vier Alben aufgenommen, zuerst auf Isländisch, später auf Englisch.

2011 spielten sie auf dem Reeperbahn-Festival, und das Publikum, das kaum einen ihrer Songs kannte, war am Ende nicht mehr zu halten. Weil Dikta eine dieser Bands ist, die Hymnen schreibt, einfache Lieder, die plötzlich groß werden, weil der Refrain aufgeht wie eine Knospe im Frühjahr. Bands wie Coldplay sind Meister dieses Fachs, The Killers - oder eben Dikta. Ihr Lied "Thank You" ist das bis heute meistgespielte Lied im isländischen Radio.

Haukur Hauksson ist auch der Sänger von Dikta, manchmal klingt er ein bisschen heiser, auch an diesem Nachmittag in einem Gewerbegebiet von Reykjavík, als er die Tür zum Tonstudio der Band öffnet. "Hallo, kommt rein", sagt er, und das macht man gern. Es ist September auf Island, aber schon so frisch, dass man in der Fleecejacke fröstelt. Die Dikta-Jungs proben für ihre Tour, die bald beginnt; und weil sie nicht wissen, ob man sich in Hamburg an ihren Auftritt auf dem Reeperbahn-Festival erinnert, haben sie ein paar Journalisten eingeladen. Man merkt gleich, dass ihnen das ein wenig unangenehm ist. Hier sind sie immer unter sich. Das Studio ist klein, überall liegen Sachen herum, Kabel, Colaflaschen, Mischpulte. Und mittendrin die vier Isländer. Jón, der Schlagzeuger, hat einen Hirsch auf dem T-Shirt. Skúli, der Bassist, trägt eine Strickjacke. Rocker sehen anders aus. Aber auf Island hat es noch nie jemand nötig gehabt, so zu tun als ob. Kennt einen ja doch jeder.

Sie spielen ein Lied von ihrem neuen Album "Trust Me". Einfache Melodie, großer Refrain. Auf einem Konzert von Dikta fühlt es sich an wie im Sommer, was erstaunlich ist für eine Band aus dem Nordatlantik. Aber wo sonst könnte das Bedürfnis nach Wärme größer sein als hier?

Nach dem kleinen Konzert erzählen sie noch einmal vom Reeperbahn-Festival im vorigen Jahr. Wie da plötzlich ein ganzer Klub am Feiern war, und sie den Soundtrack dafür liefern durften. In der isländischen Musikszene spricht man oft über Hamburg, fast alle haben hier mal gespielt, FM Belfast im vorigen Dezember, dann Retro Stefson, im September Of Monsters and Men. Und alle hatten eine gute Zeit.

Den Namen der Imbissbude, in der sie 2011 gegessen haben, haben sie vergessen. Es gab eine Wurst mit roter Sauce, dazu Pommes, aber keine Burger - und schon gar nicht von irgendeiner Fast-Food-Kette. Nein, dafür nehmen Dikta die Orte, an denen sie spielen, einfach zu ernst.

Dikta heute, 20.00, Prinzenbar (S Reeperbahn), Kastanienallee 20, Eintritt: 14 Euro