Dominique Horwitz und Band überzeugen im Schauspielhaus mit dem Programm “The Right Bullets“

Hamburg. Satan persönlich betritt in feuerrotem Anzug die Bühne. "Come Along With The Black Rider", lädt Dominique Horwitz diabolisch grinsend das Schauspielhaus-Publikum ein: zu einem Konzert mit Arien aus Carl Maria von Webers "Der Freischütz" und Pop-Hits. Und natürlich mit den Songs, die Tom Waits für Robert Wilsons Adaption des Teufelpakts in der Wolfsschlucht komponierte.

Nur knappe Zitate aus dessen legendärer Musical-Inszenierung am Thalia-Theater 1990 verwendet der damalige Darsteller des Pegleg. Wie dieser humpelt er im Vorübergehen mal ein paar Schritte, lässt zum Abschied kurz und selbstironisch seine Segelohren erglühen, wie einst bei Wilson. Ansonsten bieten Horwitz und Band mit dem Weber-Waits-Mix für Connaisseure einen Liederabend zwischen Klassik und Rock.

Ein paar angekokelte Holzlatten stehen schief im schwarz ausgeschlagenen Bühnenraum. Dazu im Kontrast die Musiker in weißen Overalls mit turmhohen rabenschwarzen Haartollen (klasse die Kostüme von Heide Kastler). Die sieben teuflisch guten Beelzebuben machen auf coole Leningrad Cowboys und ihrem Meister musikalisch die Hölle richtig heiß.

Horwitz singt kurz das Auftrittslied des Jägerburschen Max an, wechselt zu Nina Simones "My Baby Just Cares For Me", um dessen Gefühle für Agathe direkt und von Herzen kommend auszudrücken. Übernimmt er allerdings ihren Part, wird's selbst für einen Sangesdiabolus stimmlich eng. "Mach doch den Heldentenor weniger sentimental, sprach ich zu Karlchen, und den dramatischen Sopran lyrischer", nimmt sich Horwitz selbst auf die Schippe. In der Bredouille steht ihm der musikalische Arrangeur und Leiter Jan Christof Scheibe mit Rat und Tat zur Seite. Die silbrigen Höhen in der Kavatine der Agathe "Und ob die Wolke sie verhülle" zwitschert eine Querflöte und Max' Verzweiflung ("Agathen entsagen, wie könnt ich's ertragen?") rockt Horwitz mit Mother's Finest: "Burning Love". Wie die musikalischen Stilrichtungen und Figuren wechselt Horwitz auch die Kostüme. Er kommt in Kleid und Pumps (Ja, der Teufel ist auch eine Frau!) oder pflanzt sich für den berühmten Jägerchor ein Hirschgeweih auf den Kopf und verfällt liebessüchtig zu "September" und "November" in schwarze Depression.

Diese Collage ist ein Glanzstück Scheibes, der souverän mit Rhythmus-Verschiebungen und formalen Gegensätzen spielt. Er lässt das Bläsertrio Sebastian John (Posaune), Michael Leuschner (Trompete), Gabriel Coburger (Saxofon, Flöte) fröhlich schmettern, bedrohlich dröhnen oder sehnsüchtig seufzen, Mirko Michalzik (Gitarre), Johannes Huth (Bass) mit Riff-Gewittern brillieren und den Schlagzeuger Martin Langer mächtig donnern. Scheibe scheut sich auch nicht, den rasanten Pausenrausschmeißer "Get Down On It" von Kool and the Gang mit Strawinsky-Dissonanzen aus der satanischen "Geschichte vom Soldaten" witzig zu brechen.

Der Arrangeur und musikalische Leiter setzt nicht nur Akzente und leitmotivische Akkorde auf dem Flügel, er lässt den Synthesizer zu den Nebelschwaden wabern und spiegelt, Horwitz' Regiekonzept entsprechend, in nahtlosen Übergängen die Klassik im Pop. Dabei hält er die Weber-Passagen eher kurz, weil doch der Operngesang nicht gerade zu den Stärken des Solisten gehört. Mühelos und wunderbar gelingt dies im zweiten Teil bei der Agathe-Arie "Leise, leise, fromme Weise" und der melancholischen Waits-Ballade "Der Dornbusch und die Rose", wobei Scheibe zum Bläsersatz auch Orgelklang auf dem Harmonium beisteuert. Auf dem Instrument begleitet Scheibe auch solo des Teufels poetisches Abschiedslied "The Last Rose Of Summer". Doch ganz in seinem Element fühlt sich Horwitz, wenn er mit Teufelsrock feurig und fetzig loslegen kann, wie bei "Me And The Devil", beim Stones-Titel "Sympathy For The Devil" oder bei "Ring of Fire".

Wie in der anfangs gesungenen Einladung versprochen ("We'll have a gay old time") halten Dominique Horwitz und seine Freunde ihr Wort, bereiten den begeisterten Zuschauern zwei fröhliche Stunden und sprechen ihre Seele an, statt sie ihnen abzufordern.

Dominique Horwitz: "The Right Bullets", 10., 22. u. 26.12. sowie 7.1.2013, jeweils 20.00, Schauspielhaus, Karten unter T. 24 87 13