Am Schlusswochenende des Cinefests stellt Hannelore Elsner ihren frühen Film “Die endlose Nacht“ vor. Heute im Metropolis.

Metropolis. Wer im Zusammenhang mit Berlin den Begriff Flughafen erwähnt, landet schnell beim Großprojekt "Willy Brandt". Kenner des deutschen Films werden ihn vielleicht eher mit Will Tremper und Tempelhof in Verbindung bringen. Der Regisseur drehte dort 1962/63 einen der interessantesten Filme der frühen 60er-Jahre. In "Die endlose Nacht" sitzen Passagiere wegen Nebels im Flughafen fest. "Wegen schlechter Wetterlage müssen heute alle Flüge nach Westdeutschland ausfallen. Ebenso ist vor morgen früh nicht mit Landungen in Berlin-Tempelhof zu rechnen." Diese Nachricht bringt die Pläne der Reisenden durcheinander. Tremper erzählt von mehreren Schicksalslinien, die sich im Flughafen in einer Nacht kreuzen. Berlin ist von der Außenwelt an diesem Abend abgeschnitten. Das Cinefest zeigt den Film am Sonnabend im Metropolis. Hannelore Elsner und Trempers Sohn Tim stellen ihn vor.

Hannelore Elsner spielt in einer der Handlungsebenen das Starlett Sylvia Stössi. Sie kommt vom Friseur zu spät zur Abfertigung, hat kein Geld, kein Anrecht auf Essengutschein und Übernachtung. Vergeblich versucht sie, sich zum Abendessen einladen zu lassen. "Will Tremper hat mich gerufen. Ich habe alles liegen und stehen gelassen und bin nach Berlin geflogen. Das hatte viel mit meiner damaligen Unbekümmertheit zu tun", erinnert sich die Schauspielerin im Gespräch mit dem Abendblatt. Der Regisseur, der schon als Drehbuchautor von "Die Halbstarken" frischen Wind ins deutsche Kino gebracht hatte, setzte auf Spontaneität. Er hatte weder ein fertiges Drehbuch, noch war die Produktion komplett finanziert. Tremper verpfändete persönlichen Besitz und lieh sich Geld von Freunden.

"Als ich in Berlin ankam, wusste er noch gar nicht genau, wie er meine Rolle gestalten sollte. Dann ist uns aber doch immer etwas eingefallen", sagt Elsner. Das schwarze Kleid mit den Spaghettiträgern, in dem sie spielt, hatte sie selbst von zu Hause mitgebracht. Sie war Anfang 20, "Die endlose Nacht" war der "erste gute Kinofilm, den ich machen durfte", schreibt sie in ihrer Autobiografie. "Ich habe damals ohnehin auch im Leben viel improvisiert, wollte nicht ganz schnell Karriere machen, sondern war einfach neugierig auf alles. Einen Kinofilm zu drehen war dazu ein unheimlich schöner Anlass."

Drehbeginn war in Tempelhof abends nach dem Ende des regulären Betriebs. Gearbeitet wurde, bis morgens die ersten Passagiere auftauchten. Offenbar war das Team sehr in die Arbeit versunken. "Wenn morgens reale Passagiere kamen, dachten wir: Was wollen die hier? Der Flughafen gehört doch uns", sagt Elsner, die später mit Filmen wie "Kirschblüten" oder "Die Unberührbare" Erfolge feiern sollte.

Vier Bundesfilmpreise gewannen Tremper und sein Team 1963 für das melancholisch-heitere Werk. Als die Schauspielerin vor neun Jahren beim Filmfest Emden geehrt wurde, wünschte sie sich den in Vergessenheit geratenen Film. Man fand eine ramponierte Kopie in der Schweiz. "Ich fand ihn beim Wiedersehen großartig." Er lief danach beim Fünf-Seen-Filmfestival in Starnberg, wurde im Filmmuseum Frankfurt gezeigt. Volker Schlöndorff, Wolfgang Rademann und Klaus Lemke schwärmen von Trempers Arbeit. Jetzt sind Cineasten wie die Mitglieder der "Schätze des deutschen Films" und auch das Cinefest wieder auf ihn aufmerksam geworden. Er wurde liebevoll restauriert und digitalisiert und erscheint auf DVD. "Dieser Film ist ein Kleinod", findet Elsner. "Er hätte beinahe verloren gehen können."

"Die endlose Nacht" Sa 21.15, Metropolis (U Stephansplatz), Kl. Theaterstr. 10, Karten 6,-/4,-