Die Hamburger Band stellte “Magma“ live im ausverkauften vor: Ein typisches Selig-Album, verwurzelt im Post-Hippie-Rock und Grunge der 90er.

Hamburg. "Bis heute Abend. Kuss!" Das Auto mit der Liebsten braust davon am Morgen nach dem ersten Selig-Konzert im Molotow. Ist das kalt und ungemütlich. Sofort ist das Lied wieder da: "Es ist so oh-ohne dich."

Selig-Sänger Jan Plewka dürfte es eher weniger gefallen, dass ausgerechnet der Uralt-Heuler aus dem Jahr 1994 der Song war, der vom zweistündigen Vorabend hängen blieb. Schließlich kamen Plewka, Leo Schmidthals, Christian Neander, Stoppel Eggert und Malte Neumann nicht ohne Grund in den am Sonntag und Montag restlos ausverkauften, für Selig-Verhältnisse viel zu kleinen Kellerklub am Spielbudenplatz.

"Wir haben etwas zu feiern", rief Plewka in die drangvolle Enge, "die Geburt von 'Magma'." Am 1. Februar erscheint mit "Magma" nach "Und endlich unendlich" (2009) und "Von Ewigkeit zu Ewigkeit" (2010) das dritte Album seit der Wiedervereinigung der Band im Jahr 2008. Und da die Hamburger Helden der 90er-Jahre ungeduldig waren, tourten sie zum 20. Bandgeburtstag schon Monate vorab mit den neuen Liedern durch Klubs wie dem Berliner Lido oder dem Dresdner Beatpol, wo eher Bands am Anfang ihrer Karriere auftreten.

Aber von "Magma" war zum Auftakt wenig zu hören, weil der Sound bei "Ich lüge nie" und "Alles auf einmal" noch zähflüssig wie Lava aus den Boxen suppte. Plewkas Mikro klang, als würde er unter Wasser in der Badewanne schreien. Aber der Mischer regelte flugs nach, sodass "Sie scheint", "Schwester Schwermut" und acht weitere neue Lieder bei aller Bassmacht von Leo Schmidthals schon einen guten Eindruck von "Magma" hinterließen.

"Magma" wird ein typisches Selig-Album, verwurzelt im Post-Hippie-Rock und Grunge der 90er, aber zeitgemäß, wenn Retro ein Sound der Stunde bleibt. Und das bereits veröffentlichte "Love & Peace", das im gemeinsamen Chor mit den Fans gesungen wurde (der es vielleicht noch auf das Album schaffen soll), zeigte bereits Hit-Potenzial.

War die Stimmung der 300 Gäste im ersten Konzertteil noch von Neugierde geprägt, so entluden sich die Emotionen bei den acht Zugaben. Es kamen ja die Songs, die ihr Potenzial längst entfaltet hatten. "Sie hat geschrien", "Wenn ich wollte", "Mädchen auf dem Dach", "Ist es wichtig?", "Von Ewigkeit zu Ewigkeit", "Schau Schau", "Wir werden uns wiedersehen" und nicht zu vergessen "Ohne dich". Plewka spielte vor der altgedienten Ballade auf Prince und "Purple Rain" an. Totgeduldelt und so. Aber "Ohne dich" wird doch bis zu den beiden Docks-Konzerten am 26. und 27. März hängen bleiben. "Es kommt so anders, als man denkt ..."