Für junge Fantasy-Fans mit viel Fantasie ist “Märchenmond“ in den Kammerspielen genau das Richtige. Grundlage ist Buch von den Hohlbeins.

Hamburg. Kim (kühn, stimmlich und turnerisch in Form: Ben Knop) will im Traumland "Märchenmond" ein Held sein. Aber über den Kämpfen mit bedrohlichen schwarzen Rittern und anderen aufregenden Abenteuern verliert er sein ursprüngliches Ziel aus den Augen: die kranke Schwester Rebekka (Alice Wittmer) zu retten, die nach einer Blinddarmoperation ins Koma gefallen ist. Der dunkle Schattenherrscher Boraas (Tobias Kilian) hält das Mädchen im Reich der Albträume gefangen.

Christian Gundlach bearbeitete Wolfgang und Heike Hohlbeins Fantasy-Bestseller als Musiktheater mit vielen Liedern für Kinder ab acht Jahren, an dem vor allem Jungs ihren Spaß haben dürften. Und Franz-Joseph Dieken inszenierte die Reise zum Regenbogenkönig (Roman Blachnitzky) auf leerer, dunkler Kammerspiele-Bühne. Statt der Kulissen gibt es silbrige Luftballons oder ein Glasmobile (Ausstattung: Sabine Kohlstedt/Yvonne Marcour). Er lässt aber vor allem Kim und seine Freunde mit dicken Kissen Berge, Verstecke oder Hindernisse bauen. Der Bär (Sven Niemeyer), der Riese mit seiner Keule und der echsenartige Tümpelprinz (Nico Stank) - alle in bunten Kostümen - spielen mit den weichen Ballen wie bei Kissenschlachten im Kinderzimmer. Sie fallen, klettern, stolpern und werfen, dass es eine Freude ist.

Vor lauter Action ist bei diesem Kampf zwischen Gut und Böse nicht immer zu verstehen, worum es geht und was passiert. Doch Rebekka ermahnt ihren Bruder, ihr Lied singend, niemals aufzugeben. Und auch eine andere wichtige Message kommt in der Szene mit der Rabenwächterin rüber: Handle stets als Freund und "voll korrekt". Darum lässt der komische, rappende Vogel Rok Kim schließlich auch passieren und rettet Rebekka gegen alle Widerstände der dunklen Mächte. Log Rivera singt und spielt Rok mit frechem Schnabel großartig und parodiert nebenbei das Machogetue cooler Jungs. Im ziemlich gleichförmigen Singsang der Lieder und Gundlachs Synthi-Sirup der sphärischen Klänge aus den 70ern wirkt die Nummer wie ein Knaller und erntete verdient Jubel vom jungen Publikum.

Wolfgang und Heike Hohlbein, Deutschlands erfolgreichstes Fantasy-Schreiber-Duo mit einer Auflage von 36 Millionen Büchern, kam zur Premiere. Der 59-jährige Autor mit dem Haarzopf musste sich an den reduzierten Stil der Aufführung erst gewöhnen, wie er ehrlich zugab. "Es fehlt 'ne Menge, aber man kann das 600 Seiten dicke Buch ohnehin nicht eins zu eins auf die Bühne bringen." Andererseits imponierte ihm, dass mit den wenigen Mitteln so viel Leistung gebracht und Wirkung erzielt wird. "Das Spartanische der Aufführung hat Charme." Und es lässt zudem den Kindern Raum für eigene Fantasie. Meinte Hohlbein lakonisch: "Wer Hollywood will, der sollte lieber gleich ins Kino gehen."

"Märchenmond" bis 19.12., Kammerspiele, Karten unter T. 0800-41 33 44-0 oder www.hamburger-kammerspiele.de