Das Drama von Regisseurin Jeanine Meerapfel, dass in Argentinien dem Nachkriegsdeutschland spielt, hat Hörspielcharakter.

Friedrich heißt der deutsche Freund der jungen Sulamit, Tochter eines vor dem Faschismus nach Argentinien geflohenen jüdischen Ehepaares. Man schreibt mittlerweile die späten 50er-Jahre, aber die Vergangenheit ist noch höchst lebendig. Sulamit wird von drei Mitschülern deutscher Herkunft wegen eines Artikels in der Schülerzeitung körperlich attackiert und Friedrich entdeckt im Elternhaus einen Brotkorb mit eingeflochtenem Hakenkreuz. Schon bald findet er mehr heraus über die NS-Vergangenheit seines Vaters, die auch ein Grund für ihn ist, zum Studium nach Deutschland zu gehen.

Jeanine Meerapfel, die Film bei Alexander Kluge in Ulm studierte, erzählt in ihrem Film vom Leben zwischen zwei Kulturen, von der Revolte gegen die Eltern, von der Last der Vergangenheit für die Kinder von Tätern und Opfern, vom politischen Engagement und wie sich das alles auf die Liebe auswirkt. Hier das rebellische Mädchen, das immer seinen Kopf durchsetzen will, dort der radikalisierte Junge, dessen Absage an das Elternhaus ihn zur politischen Aktion führt.

Die Parallelen zu Andres Veiels 68er-Drama "Wer wenn nicht wir" sind deutlich, auch wenn Friedrich sich als Argentinier fühlt und in seine Heimat zurückkehrt, um den bewaffneten Kampf gegen die Militärdiktatur zu führen. Erst wenn ihn Sulamit im letzten Drittel des Films dort im Gefängnis besucht, gewinnt der Film eine Dichte, die ihm vorher fehlte. Seine Stilisierung, wenn er belebte Orte wie einen Flughafen wiederholt menschenleer zeigt, kann man akzeptieren, weniger, dass er die Auseinandersetzungen fast gänzlich auf die verbale Ebene verlegt und damit über weite Strecken eher wie ein Hörspiel funktioniert.

Bewertung: annehmbar

"Der deutsche Freund" Deutschland/Argentinien 2012, 103 Min., ab 12 Jahren, R: Jeanine Meerapfel, D: Celeste Cid, Max Riemelt, Benjamin Sadler, täglich im 3001, Passage; www.neuevisionen.de