Hamburg. Inwiefern kann Kunst politisch sein? Welche Konsequenzen haben Protestaktionen in dem Land, in dem sie durchgeführt werden? Aktuellen Fragen wie diesen gelten bis zum Wochenende eine Ausstellung, ein Workshop und ein Symposium an der Hamburger Hochschule für bildende Künste (HFBK). Und das ganz konkret: Mitglieder der russischen Künstlergruppe Voina (übersetzt: Krieg) testeten, wie ihre kontroverse Streetart in Hamburg aufgenommen wird.

Gestern entrollten die Voina-Mitglieder Alexei Plutser-Sarno und Yana Sarna am "Spiegel"-Gebäude ein Banner, das die derzeit inhaftierte russische Aktivistin Taisiya Osipova zeigt. Darunter ein großformatiger Wanted-Schriftzug. Am Sonnabend enthüllten sie dasselbe Spruchband auf dem Michel.

"Beim Michel hatte sich zunächst eine Traube von Touristen gebildet. Einige verwechselten das Ganze mit Pussy Riot. Aber es handelt sich um unterschiedliche Gruppen, auch wenn sie eng miteinander verbunden sind", erzählt Christian Hiller. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter gehört er zu dem Projekt "Urbane Interventionen", das der Verantwortung von HFBK-Professor Friedrich von Borries obliegt und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wird. Festzustellen sei, so Hiller, dass eine Aktion, die in Russland politische Verfolgung bedeutet, hier allenfalls Neugierde auslöst.

Die Unterschiede zwischen demokratischem und autoritärem System sind nicht nur Thema der Ausstellung "Voina Wanted", die bis zum 2. November an der HFBK zu sehen ist. Auch das hochkarätig besetzte Symposium "Wirksamkeit der Interventionen" verhandelt, wie effektiv über Kunst transportierte Gesellschaftskritik sein kann.

Am Donnerstag reden darüber neben den Voina-Mitgliedern unter anderen der französische Philosoph François Jullien und die Aktivistengruppe Canvas aus Belgrad. Die Ausrichtung am Freitag hingegen ist bewusst hamburgspezifisch gehalten. Regisseur Schorsch Kamerun spricht ebenso wie Journalist Christoph Twickel.

Symposium "Wirksamkeit von Interventionen" Do 1.11., 15.00-21.00 + Fr 2.11., 11.00-19.00, HFBK, Lerchenfeld 2, Eintritt frei; www.hfbk-hamburg.de