Dieses Buch ist ein Herbstroman, ein Buch für ein gemütliches Couchwochenende, nach 127 Seiten ist die ganze Geschichte erzählt - die Geschichte eines bescheidenen Glücks. Das natürlich zerbricht, was zwar schade ist, aber wichtig, es rückt auch für einen selbst viele Dinge wieder gerade.

Ein Lottogewinn bricht über die 47-jährige Jocelyne herein, ein plötzlicher Reichtum, der alles infrage stellt, was bislang in ihrem Leben Wert hatte. Eigentlich mag Jocelyne ihr kleines, durchschnittliches Leben. Sie führt einen Kurzwarenladen, in dem sich alles um Strickwaren und Hosenknöpfe dreht, um Baumwoll- und Elastikspitzen oder Bänder mit Pailletten; es ist einer dieser Läden, die jetzt überall aus dem Boden sprießen, weil Basteln wieder in Mode ist und man das bescheidene Glück damit verbindet.

Das Problem mit dem ganz bescheidenen Glück ist, dass es immer klein aussehen wird verglichen mit dem großen. Aber man kann es trotzdem mögen. So wie Jocelyne. "Ich bin glücklich mit Jo. Er vergisst keine Hochzeitstage. Am Wochenende werkelt er gern in der Garage. Er baut kleine Möbel, die wir auf dem Trödelmarkt verkaufen. Vor drei Monaten hat er uns WLAN installiert, weil ich mir überlegt hatte, einen Internetblog über meine Handarbeiten zu schreiben. Manchmal kneift er mich nach dem Essen in die Wange und sagt: Du bist eine Nette, Jo, du bist eine Gute. Ich weiß. Das mag Ihnen etwas machomäßig vorkommen, aber es kommt von Herzen. Jo ist so. Mit Finesse, Leichtigkeit, den Feinheiten der Sprache kennt er sich nicht so aus."

Grégoire Delacourt beherrscht die Kunst, auf wenigen Seiten eine bewegende Parabel zu beschreiben. Seine Sprache ist leicht und vieldeutig. Wenn er Jocelyne an einer Stelle sagen lässt: "Ich mag Wörter gern. Ich mag es, wenn die Worte manchmal verbergen, was sie sagen, oder es auf neue Weise sagen", dann meint er bestimmt auch ein klein wenig sich selbst.

Grégoire Delacourt: "Alle meine Wünsche" Aus dem Französischen von Claudia Steinitz, Hoffmann und Campe, 127 Seiten, 15,99 Euro