Der Stuttgarter Musiker und seine Band feiern in der Großen Freiheit ein Heimspiel

Hamburg. Die Mütze ist sein Markenzeichen. Deshalb trägt Max Herre sie auch in der Großen Freiheit, obwohl in dem seit Wochen ausverkauften Klub Temperaturen wie in einer Sauna herrschen. Doch die stickige Luft scheint weder dem Sänger noch seinen Fans etwas auszumachen. Sie warten nur darauf, dass es auf der Bühne abgeht und die Party im Saal beginnt. Mit "Aufruhr (Freedom Time)" von seinem Nummer-1-Album "Hallo Welt!" fangen Herre und seine sechsköpfige Band an, um sich einzugrooven. Mit "Esperanto" schlägt Herre schon beim zweiten Song den Bogen zurück zum Beginn seiner Karriere vor 15 Jahren, als er mit dem Stuttgarter Freundeskreis-Kollektiv eine der wichtigsten Stimmen im deutschen Hip-Hop wurde.

In den kommenden mehr als zweieinhalb Stunden springt Max Herre zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her. Beim Liebeslied "A-N-N-A", 1999 ein Singlehit, zücken die Tresenbedienungen, allesamt zwischen 25 und 30 Jahre alt, kollektiv die Smartphones und filmen die Nummer als Erinnerung an ihre Teenagerzeit. Beim aktuellen, etwas schnulzigen Hit "Wolke 7" wären früher Feuerzeuge aufgeflammt, um die Schmusestimmung zu verstärken, heute leuchten die Fans mit den grellweißen Punktstrahlern ihrer Handys.

Egal ob Freundeskreis-Lied oder aktueller Song, die Stimmung ist euphorisch, denn Herre hat in Hamburg trotz seiner schwäbischen Herkunft ein Heimspiel. Vor zehn Jahren, als Hamburg und Stuttgart die Hauptstädte des deutschen Hip-Hops waren, gab es enge Beziehungen und Freundschaften zwischen den Cliquen beider Städte, die bis heute andauern. So ist es nicht überraschend, dass Samy Deluxe mitten im Konzert auf die Bühne kommt und zusammen mit Herre einen Track rappt.

In seinem Repertoire hat der jetzt in Berlin lebende Herre eine Reihe von Liebesliedern, doch der Sänger und Rapper gehört auch zu den kritischen Geistern der populären Musik, die Stellung beziehen und nachdenkliche Nummern schreiben. Der Eröffnungssong "Aufruhr" mit seinem Blick auf die arabische Revolution und die Flüchtlingsdramen im Mittelmeer ist so ein Song und auch "Berlin - Tel Aviv". Darin beschreibt er das Schicksal eines jüdischen Mädchens, das 1938 vor den Nazis aus Deutschland fliehen muss. Am Eingang zum Saal ist nicht nur ein Stand mit Merchandise-Artikeln aufgebaut, Mitglieder der Menschenrechtsorganisation Amnesty International dürfen dort Prospekte verteilen.

Nach 90 Minuten geht der 39-Jährige zum ersten Mal von der Bühne, aber der Zugabenteil dauert fast noch einmal so lange mit Reggae-Grooves, einer Hommage an den Organisten Billy Preston und weiteren Hits wie "Reimemonster" und "Wo rennen wir hin?". Herre und Hamburg - das passt wieder einmal.