Die australische Sängerin Julia Stone hat eine betörende Stimme und erzählt am 22. Oktober im Molotow grausige Geschichten.

Molotow. Beim Anblick des Covers von Julia Stones erstem Album "In The Memory Machine" könnte man meinen, dass sich dahinter ungehobelter Garagenrock verbirgt, denn Bands dieses Genres nutzen gern Fotos oder gemalte Darstellungen aus alten Horrorfilmen als CD-Abbildung. Sie signalisieren Trash und Dreck und sind äußerliches Abbild der Musik auf dem darin verpackten Silberling.

Auf Julia Stones Solodebüt trifft diese Verbindung nicht zu - zumindest nicht musikalisch. Ihre Songs sind von großer Melancholie, stilistisch zählt die Australierin eindeutig zum Folk. Doch die Texte haben es in sich. Stone erzählt gruselig-schöne Schauermärchen, und beim Anhören der Texte macht das Bild der gemeuchelten Schönheit auf dem Cover Sinn. Im Booklet gibt es weitere Zeichnungen mit blutigen Szenen.

Das Titelbild passt zum Song "Winter On The Weekend", wo ein Wolf im Schafspelz dem singenden Ich Gewalt antut. Die Angstschreie verhallen ungehört, die Frau ist ihrem Peiniger hilflos ausgeliefert, Blut läuft über ihr Gesicht. Das Album, das mit zarten Liebesliedern beginnt, schlägt plötzlich in sein Gegenteil um, Gewalt und Schwermut machen sich breit. Es scheint, als würde die junge Australierin der fröhlichen Hochstimmung der Liebe so gar nicht über den Weg trauen. Dazu passt auch ein Video, das auf ihrer Homepage zu sehen ist und auf dem sie "You're The One That I Want" singt.

Der Song war ein fröhliches Anbändel-Lied, das John Travolta und Olivia Newton-John in dem Musical "Grease" schmetterten, bei Julia Stone wird daraus eine düstere Nummer, bei der kaum vorstellbar ist, dass hier irgendjemand wirklich begehrt wird.

Diese Coverversion hat Julia Stone zusammen mit ihrem Bruder Angus gesungen, als die beiden noch gemeinsame Sache gemacht haben. Die beiden musizierten bereits seit Kindertagen zusammen, zuerst in einer Schülerband, in der Julia Trompete, Angus Posaune und die ältere Schwester Catherine Saxofon spielte. 2006 traten Angus und Julia Stone dann als Folkduo mit der EP "Chocolate And Cigarettes" zum ersten Mal in ihrer australischen Heimat in Erscheinung. 2007 folgte dann das Album "A Book Like This" und 2010 "Down The Way", das in Australien Platz eins erreichte und mit dem sie auch in Europa bekannt wurden. Das dritte Album lässt jedoch noch auf sich warten.

"Wir hatten Anfang 2011 angefangen, Songs zu schreiben, aber jeder hätte nur sechs Nummern unterbringen können. Das war für jeden von uns zu wenig, weil jeder gerade sehr viel kreativen Raum benötigte. Deshalb haben wir Soloalben veröffentlicht", sagt Julia. Von ihr ist in diesem Jahr mit "By The Horns" bereits das zweite Werk erschienen, Angus brachte im Sommer "Broken Brights" heraus.

In einem Interview mit dem "Rolling Stone" sagt Angus, dass er sich etwas vom Folk lösen und groovige Songs schreiben möchte. Dennoch haben beide nicht ausgeschlossen, dass sie in Zukunft wieder gemeinsame Projekte in Angriff nehmen wollen. Aber in diesem Jahr kümmert sich jeder noch um seine eigenen Angelegenheiten.

Julia hat gerade eine erfolgreiche Tournee durch Australien mit durchweg ausverkauften Konzerten hinter sich. Anschließend flog sie nach Kalifornien, um dort am Strand von Venice Beach mit dem afroamerikanischen Schauspieler Quinton Aaron das Video für ihre nächste Single "Justine" aufzunehmen. Inzwischen ist sie nach Europa weitergereist, wo derzeit ihre Tournee läuft.

Das Hamburger Konzert wurde vom Uebel & Gefährlich ins kleinere Molotow verlegt. Im Kellerklub am Spielbudenplatz können Fans die Multiinstrumentalistin und Sängerin aus Down Under heute hautnah erleben. Eine Gänsehaut ist bei ihrer betörenden Stimme nicht auszuschließen.

Julia Stone heute, 21.00, Molotow (U St. Pauli), Spielbudenplatz 5, Karten 23,80; Internet: www.juliastonemusic.com