Der amerikanische Schriftsteller Don Winslow liest aus seinem furiosen Roman “Kings of Cool“ beim Hamburger Krimifestival.

Laguna Beach, dieser kleine Badeort an der sonnigen Küste Kaliforniens, war noch ein unschuldiges Fleckchen Erde, als in den 1960er-Jahren die ersten Hippies genüsslich ihre Joints am Strand drehten und Gott einen guten Mann sein ließen. It never rains in southern California.

Nichts aber bleibt, wie es ist, und aus Genuss kann schnell ein Geschäft werden. Denn mit Dope zu dealen bringt mehr Dollars ein, als Räucherstäbchen zu verkaufen. Das weiß auch der Mann, den sie Doc nennen. Ein Surfer, der das Marihuana von jenseits der mexikanischen Grenze holt und damit einen Haufen Geld scheffelt. Laguna Beach, 1967. ... And the livin' is easy.

Die 60er-Jahre sind die eine Zeitebene, auf der Don Winslow seinen fulminanten Kriminalroman "Kings of Cool" spielen lässt. Jene Zeit, in der alles begann. Die Drogenkriminalität im großen Stil, die Geschäftemacherei, der Gewalt und Gier immanent sein sollten.

Darüber machen sich Ben, Chon und Ophelia, kurz O genannt, keine Gedanken, als sie im Hier und Heute ihr Marihuana unter die Leute bringen. Laguna Beach im Jahr 2005, das ist Winslows zweite Zeitebene. Sie haben den besten Stoff weit und breit, und auch sie scheffeln die Dollars. Drei junge Leute, gut aussehend, lebenslustig und mächtig cool. Und, natürlich, ein kriminelles Trio, wenngleich ein ziemlich sympathisches. Was in der Welt passiert? Wen interessiert's, solange die Sonne über Kalifornien scheint. Sie sind Kinder ihrer Zeit und natürlich ihrer Eltern, jener Hippies, die 40 Jahre zuvor rauschhaft in Liebesnebeln wandelnd vom Frieden auf Erden träumten.

Die Dinge laufen für Ben, Chon und Ophelia so lange nach Plan, bis die mexikanische Drogenmafia Wind bekommt von den florierenden Geschäften der Youngster da oben an der kalifornischen Küste. Das Angebot, den Markt aufzuteilen, lehnen die drei ab. Doch mit mexikanischen Drogenbaronen treibt man keine Späße. Fortan regiert Gewalt, Blut fließt, Menschen sterben. Doch Ben, Chon und Ophelia sind nicht nur jung, sie sind auch clever. Auch wenn der Kampf, den sie aufnehmen, aussichtslos erscheinen mag.

"Kings of Cool" ist nicht nur ein packender Thriller, eine Art David-gegen- Goliath-Geschichte. Er ist auch ein Roman, der vom Ende der Träume einer ganzen Generation erzählt, wenn Visionen wie Seifenblasen platzen, weil die verführerische Lust auf mehr erwacht. Winslow, selbst in Kalifornien lebend, schreibt seine Geschichte in einer Sprache, die atemlos macht. Sie changiert zwischen kunstvoll gedrechselten Passagen und drastischen Formulierungen, knapp und lakonisch, ausschweifend niemals, spielerisch dagegen schon. Winslow baut klassische Drehbuchszenen ein, setzt Kapitel, die nur ein oder zwei Worte haben, beherrscht die Dramaturgie eines perfekten Thrillers bis zum krachenden Showdown.

"Kings of Cool" ist ein herausragender Kriminalroman. Und er erzählt, wenngleich später geschrieben, die Vorgeschichte zu Winslows Roman "Zeit des Zorns", der momentan unter dem Titel "Savages" in der Verfilmung von Oliver Stone in den Kinos zu sehen ist. Am 2. November liest Don Winslow beim Krimifestival auf Kampnagel.

Don Winslow: "Kings of Cool". Deutsch von Conny Lösch, Suhrkamp, 350 Seiten, 19,95 Euro

Hamburger Krimifestival 30.10. bis 3.11., u. a. mit Don Winslow, 2.11., 18.30, Karten zu 14 Euro in allen Heymann-Buchhandlungen, den HA-Ticketshops und unter der HA-Tickethotline 040/30 30 98 98; www.krimifestival-hamburg.de