Der Satiriker Oliver Kalkofe aus Hannover spottet ab heute auf Tele 5 in “Kalkofes Mattscheibe - Rekalked“ speziell über Doku-Soaps.

"Singende Spreewaldgurke." Mit dieser Art kreativer Beleidigung und einer Parodie verhalf Oliver Kalkofe dem Schlagerbarden Achim Mentzel vor Jahren zu einer Popularität, die dieser dank seiner Sendung im MDR wohl nie erreicht hätte. Und Mentzel ("Kalki ist doof") zeigte eine wehrhafte und selbstironische Reaktion darauf, dass er in "Kalkofes Mattscheibe" zum Opfer telegenen Spottes geworden war.

Zu Achim Mentzel pflegt Kalkofe inzwischen ein freundschaftliches Verhältnis. Mit ihrer kultverdächtigen Reihe "Gernsehclub" haben sich der findige Satire-Mops aus Hannover und der gestandene Unterhaltungskünstler aus (Ost)-Berlin in den Theatern der Republik sogar ihr Publikum erspielt.

Von heute an aber beschäftigt sich Kalkofe mit dem Fernsehen anno 2012. Nach vier Jahren weitgehender TV-Abstinenz kehrt Deutschlands profiliertester Fernsehkritiker auf den Bildschirm zurück: Von "Kalkofes Mattscheibe - Rekalked" sind auf Tele 5 gleich 30 neue Folgen geplant. Und zwar so, wie Kalkofe 1994 beim Pay-TV-Sender Premiere unverschlüsselt angefangen hatte: einmal pro Woche eine Viertelstunde lang zu Beginn der Prime Time, parallel zur "Tagesschau".

Dadurch könne er aktueller sein, sagt Kalkofe. Als seine "Mattscheibe" zuletzt 2008 bei ProSieben lief, war die Ausstrahlung der Staffel um neun Monate verzögert worden. Die Mediensatire passt im Zeitalter der weichen Übergänge halt nicht auf jeden Sendeplatz und erst recht nicht jedem Sender. Fortan produzieren Kalkofe, in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre mit dem Grimme-Preis und dem Deutschen Comedy-Preis ausgezeichnet, und sein Team für den kleinen Münchner Sender Tele 5 alle vier Wochen drei bis vier neue Folgen.

"Ich guck alles selber und suche das auch selber raus", erzählt Kalkofe. "Ich bekomme aber auch schon Sachen von unserem Chefsichter Olli Mohme." Der war früher Fan der Sendung und ist jetzt fest angestellt. Über die Webseite www.kalkwatch.de können TV-Ärgernisse zudem angeprangert werden.

Das, was das (Privat-)Fernsehen großteils bietet, ist grausam für einen wie Kalkofe. "Früher gab es noch Feindbilder." Die geballte Volksmusik-Fraktion um Marianne und Michael, Heino und Moderatorin Carolin Reiber etwa, die er sprichwörtlich zum Platzen brachte. "Jetzt sind es die namenlosen Formate, die Menschen aufs Bösartigste vorführen und sich aus dem Leid der anderen einen Spaß machen." Doku-Soaps wie "Pures Leben" (Sat.1) oder "Mitten im Leben" (RTL) schaut Kalkofe nun gezwungenermaßen.

Das extremste Beispiel ist eine Frau, die spielen muss, sie sei fett, fresssüchtig und geizig. "Die guckt, wie Essen in Müllcontainer geschmissen wird, krabbelt dann auf dem Rücken ihrer Tante rein, schön fett inszeniert, und frisst dann mit den Händen weggeworfene Torte im Müllcontainer", sagt Kalkofe, es ekelt ihn noch beim Erzählen. Die Schwierigkeit für ihn beim Überzeichnen des "Puren Lebens", wenn er die dicke Frau in der Tonne mimt? "Diese Menschen, die da vorgeführt werden, dürfen wir nicht noch mal lächerlich machen. Ich muss zwar auch die Opfer spielen, aber auch klarmachen, wer hier schuld ist." Zwischen einem Medium wie dem Fernsehen und dem Publikum, da müsse zumindest ein kleiner Hauch Respekt sein, fordert Kalkofe.

Weiteres Hauptziel seines Spotts sind die Sat.1.-Kuppelsendungen "Schwer verliebt" und "Auf Brautschau im Ausland", "Schwiegertochter gesucht" und "Bauer sucht Frau" (beide RTL) sowie die Rentner-Soap "Villa Germania" auf RTL 2. Sendungen, die längst nicht jeder kennt, sehen kann oder mag. "Meine Arbeit ist eine Mischung aus Erklären und den Menschen klarzumachen, wie es ist", sagt Kalkofe. "Und dann mit Anlauf in die Eier der Verantwortlichen."

Deren Programm sei vollkommen in den Hintergrund gerückt. Das muss den Medienkritiker Kalkofe, der als Jugendlicher so gern die britische Serie "Mit Schirm, Charme und Melone" geguckt hat, wütend machen. "Man läuft einem Gespenst namens Quote oder Marktanteil hinterher, das es nicht gibt und das man auch nicht bedienen kann. Jedes Programm, das nicht gleich Geld einspielt, ist der Feind. Und so wird es auch behandelt." Keine Firma könnte im Wirtschaftsleben so überleben.

Fast schon mit Wehmut wünscht sich Kalkofe Game-Shows wie "Das Glücksrad" oder "Der Preis ist heiß" zurück. Auch um diese "furchtbaren Dokus" nicht mehr ertragen zu müssen.

Und Achim Mentzel? "Das Problem ist, dass er nicht mehr häufig im Fernsehen auftaucht", hat Kalkofe festgestellt. Vielleicht knöpft sich Kalkofe mal einen Werbespot mit der "singenden Spreewaldgurke" vor. Verdaulich für die einstigen Streithähne und die Zuschauer dürfte das allemal werden.

"Kalkofes Mattscheibe - Rekalked" jeweils Fr, 20 Uhr, Tele 5