Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe würdigt Emil Orlik zum 80. Todestag bis zum 27. Januar mit herausragenden Arbeiten

Hamburg. Japanische Maler, die am Boden den Pinsel führen, bäuerliche Szenen, Handwerker bei der Arbeit, Rikschafahrer im Gespräch. Dann wieder rastende Pilger am Fujiyama. Die grafischen Werke von Emil Orlik wirken heute in der Konzentration und Strenge ihrer Motive, als wären sie von japanischen Holzschnitt-Künstlern selbst geschaffen. Nur die sanfte, blasse Farbigkeit und eine ungewöhnliche Auffassung des Lichtes erinnern daran, dass wir es hier mit westlicher Technik zu tun haben.

Zum 80. Todestag des Malers, Zeichners, Grafikers, Buchkünstlers und bekanntesten Berliner Porträtisten seiner Zeit (1870-1932) würdigt ihn das Museum für Kunst und Gewerbe ab dem 12. Oktober mit einer Ausstellung, die fast vollständig jene Blätter umfasst, die während und unmittelbar nach einer Japanreise entstanden. Von April 1900 bis Februar 1901 begab sich Orlik, getrieben von einem immensen Forscherdrang und einer starken Faszination, auf eine Reise durch das Land der aufgehenden Sonne; damals ein aufwendiges Unterfangen. Er schiffte sich in Genua ein, reiste durch den Suezkanal nach Sri Lanka und weiter über Hongkong in den Norden Japans.

Dort glich sein Hotelzimmer bald einer Werkstatt. Orlik studierte die japanischen Drucktechniken und ließ sich von ihnen zu farbigen Holzschnitten inspirieren. Es war die Zeit, in der sich die Künstler Europas im "Japonismus" intensiv mit der japanischen Tradition auseinandersetzten. Innerhalb eines Jahres fertigte der ungewöhnlich produktive Künstler Holzschnitte, Radierungen und Lithografien an, teilweise erweitert um Vorzeichnungen.

Sie ergänzen nach Auskunft ihres Leiters Jürgen Döring wunderbar die renommierte grafische Sammlung des Museums für Kunst und Gewerbe. Eine Verbindung zum Museumsgründer Justus Brinckmann, der sein Haus schon in den Anfangsjahren als einen der wenigen Orte für Druckgrafik etablierte, gilt als sicher, wenn auch bis heute ohne konkreten Beleg.

Emil Orlik, geboren in Prag als Sohn eines jüdischen Schneiders, studierte in München und richtete sich ein Atelier erst in Prag, später in Wien ein. Ab 1906 wird Berlin sein Lebensmittelpunkt, hier tritt er der Berliner Secession bei und leitet die Grafikklasse am Kunstgewerbemuseum.

Ein Reisender, Suchender ist er zeit seines Lebens geblieben. Die Blätter "Aus Japan" zählen zu seinen herausragendsten. Ihn faszinierte das traditionelle, nicht das moderne Japan. Um seinen westlichen Blick wissend, ging es ihm gleichwohl um ein tiefes emotionales und künstlerisches Verständnis. Sichtbar in den erzählerisch wirkenden Szenen seiner Lithographien. Etwa die Ansicht "Ein Theater-Theehaus" (1900). Das Straßentreiben vor dem Gebäude wirkt zufällig, ist aber gezielt ausgewählt. Unglaublich präzise und fein erfassen seine kleinformatigen Radierungen begrenzte Motive, schöpfen ihren Eindruck aus der Konzentration auf das Wesentliche. Zu sehen in den Farbradierungen "Japanische Bäuerin" (1902) oder "Japanische Schauspielerin" aus dem Jahr 1901.

Die Kinder als "Zuschauer bei einem Festzug in Kyoto" (1901) erinnern an das Motiv der Theaterloge, wie wir es aus der Kunst eines Renoir oder Toulouse-Lautrec kennen. Der "Regentag in Kyoto" (1901) wirkt wie von Straßenszenen Eduard Manets inspiriert. Die Meisterschaft Emil Orliks zeigt sich nicht zuletzt in seinem ausgesucht künstlerischen Blick.

"Wie ein Traum! Emil Orlik in Japan" 12.10.2012 bis 27.1.2013, Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, Di-So 11.00-18.00, Do 11.00-21.00; www.mkg-hamburg.de