Oliver Welke und sein Team von der “heute-show“ werden mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnet

Hamburg. Man tritt Oliver Welke vermutlich nicht zu nahe, wenn man ihn nicht auf Anhieb in eine Reihe mit Leuten wie Nikolaus Brender, Claus Kleber, Anne Will, Frank Plasberg oder Antonia Rados stellt. Denn diese Damen und Herren sind gestandene Nachrichtenjournalisten. Und Oliver Welke? Er ist Sportmoderator und, etwas flapsig formuliert, der Spaßvogel, der durch die "heute-show" des ZDF führt. Was also hat Welke mit kritischem Fernsehjournalismus zu tun?

Nach Meinung von Claus Richter, Redaktionsleiter des ZDF-Magazins "Frontal 21" und Vorsitzender des Vereins zur Verleihung des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises für Fernsehjournalismus, eine ganze Menge. Denn sein Verein hat Welke und dem Team der "heute-show" den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis 2012 zuerkannt, der gestern im Rolf-Liebermann-Studio des NDR verliehen wurde. "Wir haben uns ganz bewusst für einen Satiriker als Preisträger entschieden", sagt Richter, "weil Satire ein klassisches journalistisches Format ist." Als Beispiel führt er Kurt Tucholsky an, der beides war: Journalist und Satiriker.

Und wenn man die Begründung der Jury liest, versteht man, warum Welke mit seiner Satiresendung ebenso wie die oben genannten Nachrichtenjournalisten mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnet wurde: "Die satirisch-bissigen Analysen der ,heute-show' entlarven die Rituale der Politik und auch die der Fernsehnachrichten", heißt es dort.

Man kann das natürlich auch ganz anders formulieren. Etwa so wie der Satiriker Hans Zippert, der die Laudatio auf den Preisträger hielt. Welke, sagte er, "verkörpert die seriöse, sorgfältig ausgearbeitete Satire, das ZDF liefert einen möglichst hirnverbrannten Programmteppich, von dem Welke sich in genialischer Bösartigkeit abheben kann. Als Anchorman der ,heute-show' trägt er eine große Verantwortung, er ist der Chef eines Fernsehselbstreinigungsunternehmens. Er muss uns Zuschauern glaubhaft vermitteln, warum Philipp Rösler eine Abreibung verdient hat und weshalb Claudia Roth der Lächerlichkeit preisgegeben werden muss."

Und vielleicht gibt es noch einen weiteren Grund, warum Welke und sein Team von der "heute-show" gerade jetzt den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis verdient haben: In Zeiten, in denen sich von Umfrage zu Umfrage hangelnde Politiker immer mehr den Gesetzen des Showbusiness unterwerfen, braucht das deutsche Fernsehen eine brillante Satireshow, die herausarbeitet, wie lächerlich das politische Personal sich dabei macht.

Für die "heute-show" werden nun langsam die Preise knapp. Den Deutschen Comedy-Preis hat die Satiresendung bereits gewonnen, ebenso den renommierten Grimme-Preis. Was kann nun noch kommen? Und eine weitere Frage drängt sich auf: War der klassische TV-Journalismus des vergangenen Jahres so schlecht, dass sich aus seinen Reihen partout kein Kandidat für den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis aufgedrängt hat? Oder sind alle preiswürdigen Fernsehjournalisten längst ausgezeichnet worden? "Nein", sagt Richter, "so ist das nicht. Es war uns wichtig, in diesem Jahr das Spektrum des Preises zu erweitern, die Kriterien für seine Vergabe neu zu interpretieren."

Deshalb ist es nur logisch, dass der Sonderpreis an den Literaturjournalisten Denis Scheck geht. Es ist das erste Mal, dass ein Feuilletonist mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnet wird. Scheck ist wie Welke ein Freund klarer Worte. Oder um es mit Laudator Zippert zu sagen: "Selbst lebensgefährliche Einstellungen bewältigt er ohne Stuntman, er liest beispielsweise alle Bücher der Bestsellerliste ohne Schutzbrille. Jeder andere würde darüber depressiv werden, aber Scheck rächt sich für die Lektürequalen und schickt Eckart von Hirschhausen und Dietrich Grönemeyer in den Orkus."