Das sehenswerte Musik-Drama “Sparkle“ mit Whitney Houston weist traurige Parallelen zum Leben des gestorbenen Popstars auf.

Die Sonnenbrille ist riesig. Doch sie verbirgt nur notdürftig das Hämatom unter dem linken Auge. Satin (Mike Epps) hat Sister (Carmen Ejogo) wieder mal geschlagen. Er ist frustriert von seinen schwindenden Erfolg als Komiker, die Wut lässt er an seiner Frau aus. Das Kokain, das er sich täglich durch die Nase zieht, verstärkt diese Aggression noch.

Pop-Diva Whitney Houston hat - wie Sister - diese häusliche Gewalt am eigenen Leib erfahren. Genau wie die Abhängigkeit von Drogen und Alkohol. Der Musikfilm "Sparkle" bietet eine Menge Parallelen zum Leben des afroamerikanischen Superstars, der 1992 mit "Bodyguard" einen triumphalen Kinoerfolg feierte. Houston, die in dem Drama die Mutter von Sister spielt, ist auch Mitproduzentin von "Sparkle" gewesen, dessen Rechte sie sich schon vor zwölf Jahren gesichert hatte. Kurz nach Ende der Dreharbeiten war sie am 11. Februar überraschend im Alter von nur 49 Jahren in einem Hotel in Beverly Hills gestorben.

"Sparkle" spielt in Detroit im Jahr 1968. In Hitsville am West Grand Boulevard produziert Berry Gordy, der schwarze Boss von Motown Records, einen Hit nach dem anderen. Die Industriestadt ist damals die Hochburg gepflegter Soulmusik, verkörpert von eleganten Sängern wie den Supremes, den Four Tops oder Marvin Gaye. Es ist auch die Zeit von Aufständen in den Gettos der amerikanischen Metropolen und das Jahr der Ermordung von Martin Luther King. Doch der Kampf um Bürgerrechte und die sozialen Unruhen interessieren Regisseur Salim Akil nicht. Die Geschehnisse flimmern nur kurz über den Fernsehbildschirm in Emmas Haus. Sie lebt mit ihren drei Töchtern in einem Mittelklasse-Vorort in Detroit, weit weg von den Schwarzenvierteln an der East Side.

"Sparkle" erzählt die Geschichte dieser drei Töchter und ihren Weg ins Musikgeschäft. Sister, Dee (Tika Sumpter) und Sparkle (Jordin Sparks) treten bei einem Nachwuchswettbewerb als "Sister and her Sisters" auf. Der junge Stix (Derek Luke) erkennt das Talent der Mädchen und besorgt ihnen erste Auftritte in der Klubszene von Detroit. Fernsehauftritte und ein Plattenvertrag folgen. So sehr der junge Manager an seine hübschen Schützlinge glaubt, so sehr torpediert Mutter Emma diese Pop-Karriere. Sie selbst war als junge Frau den gleichen Weg gegangen und gescheitert. "Ist mein Leben nicht Warnung genug für euch gewesen?", fragt Emma, und man hört aus diesem Satz Whitney Houston, die als Sängerin die ungekrönte Königin des Soul war, aber nach grandiosen Erfolgen schlimme Abstürze erlebt hat.

Ihre Filmtochter Sister ereilt ein ähnliches Schicksal. Sister ist der Star des Gesangs-Trios. Sie steht im Mittelpunkt, sie liebt den Glamour und fällt auf die Schmeicheleien des Komikers Satin herein. Als der sich bei Emma während eines Essens vorstellt, ahnen Mutter und Geschwister, dass dieser Typ ein aalglatter Blender ist, doch ein Brillantring bewirkt bei Sister mehr als alle Vernunft. Dee ist die Vernünftige in diesem Trio. Sie macht bei der Gesangstruppe mit, doch für sie ist der Popzirkus nur eine Station auf dem Weg zum College. Für Sparkle hingegen bedeutet Musik ihr Leben. Sie schreibt eigene Songs, doch sie ist schüchtern und versteckt sich lange hinter Sister. Erst als die Frontsängerin nach Drogenexzessen und einer Anklage wegen Totschlags die Band verlassen muss, steht sie plötzlich im Rampenlicht. Als Solistin. Für Jordin Sparks nichts Ungewöhnliches, denn 2007 hat sie den Wettbewerb bei "American Idol" gewonnen, der erfolgreichsten Casting-Show im US-Fernsehen.

"Sparkle" ist das Remake eines Films, der 1976 in die US-amerikanischen Kinos kam. Joel Schumacher schrieb das Drehbuch und ließ seine Geschichte Ende der 50er und Anfang der 60er-Jahre in Harlem spielen. Das Original war sehr viel düsterer als die Neuauflage, Lonette McKee glänzte damals in der Rolle der Sister und starb in der Mitte des Films an einer Überdosis. Die zweite Hälfte des Films zerfaserte dann, sodass die Kritiken eher mäßig ausfielen.

Die Version von 2012 bemüht sich nicht um ein genaues Kolorit der 60er-Jahre, sondern erzählt eine Geschichte, wie sie zu jeder Zeit innerhalb des Pop-Kosmos spielen könnte. Diana Ross & The Supremes werden als Vorbild für "Sister and Her Sisters" genannt, doch die Story des erfolgreichen Motown-Trios wurde 2006 authentischer in "Dream Girls" auf die Leinwand gebracht. Beyoncé und Jennifer Hudson spielten damals die Hauptrollen.

Trotz einiger Klischees und historischer Nachlässigkeiten funktioniert jedoch auch "Sparkle" als unterhaltsamer Musikfilm mit einer dramatischen Story. Im Soundtrack finden sich Songs von Aretha Franklin, Sly & The Family Stone und Nancy Sinatra aus den 60er-Jahren, R. Kelly hat Jordin Sparks einige neue Soul-Nummern auf den Leib geschrieben und zeigt endlich mal wieder seine Klasse als Songschreiber.

Der heimliche Star von "Sparkle" ist jedoch Whitney Houston. Ihre Emma ist attraktiv, rigide, wertkonservativ und eine respektierte Geschäftsfrau, die sich stark in ihrer Kirchengemeinde engagiert. Whitney Houston spielt diese Rolle im Film überzeugend, in ihrem eigenen Leben war sie weit von dieser Stabilität entfernt. Doch die Sehnsucht nach einer intakten Welt scheint durch. Wenn sie in "Sparkle" den Gospel "His Eye Is On The Sparrow" singt, klingt es wie die Heimkehr dieser grandiosen Sängerin zu ihren Wurzeln - in der Familie und in der Kirche.

Bewertung: empfehlenswert

"Sparkle" USA 2012, 116 Min., ab 12 Jahren, R: Salim Akil, D: Whitney Houston, Jordin Sparks, Derek Luke, Carmen Ejogo, Tika Sumpter, Mike Epps, Cee-Lo Green, täglich im UCI Wandsbek; Internet: www.sparkle-film.de