Oliver Stone ist mit “Savages“ ein sehenswerter Drogenthriller gelungen

Das Leben meint es gut mit Ben (Aaron Johnson), Chon (Taylor Kitsch) und O (Blake Lively). Die drei leben an der kalifornischen Küste, einem Surferparadies, zusammen in einem Traumhaus, verfügen über weit mehr Geld, als sie je ausgeben könnten, sind jung und lieben einander. Eine Ménage-à-trois, in der es keine Eifersucht gibt und in der die blonde Schönheit ihre beiden Partner als Ying und Yang der sexuellen Erfüllung empfindet. Wer würde da nicht ein wenig neidisch ...

Aber natürlich - wir sind hier nicht im Märchen, sondern in einem Oliver-Stone-Film - hat die Sache einen Haken. Ben, ein Hippie mit Weltverbesserungsambitionen, und Chon, ein ehemaliger Elitesoldat mit Irak-Erfahrung, haben einen florierenden Marihuana-Handel aufgezogen und liefern eine solch extrem gute Qualität, dass ihre Lieferungen zu Rekordpreisen abgesetzt werden können. Ein Umstand, der auch Elena (Salma Hayek), gnadenlose Chefin eines mexikanischen Drogen-Kartells, zu Ohren gekommen ist. Sie macht den Amerikanern ein Angebot, das die eigentlich nicht ablehnen können, und greift zu rabiaten Mitteln, als sie es doch tun: Elena lässt O entführen und droht per Videobotschaft, die junge Frau zu töten, wenn Ben und Chon nicht ab sofort mitspielen. Mehr als das: O soll ein Jahr in Elenas Gefangenschaft bleiben, um die Folgsamkeit ihrer beiden Freunde zu garantieren. Die beiden willigen ein - nicht ohne bereits einen Plan zur Befreiung von O zu entwickeln.

Oliver Stone war mal einer der wichtigsten US-Regisseure, Filme wie "Platoon" (1986), "Wall Street" (1987) oder "Natural Born Killers" (1994) haben nicht nur Kinogeschichte geschrieben, sie haben auch zu Diskussionen angeregt, die weit über das Filmgeschäft hinausreichten. Selbst wenn der kommerzielle Erfolg bisweilen ausblieb, war das, was Oliver Stone anfasste, mindestens sehenswert - man denke nur an die bei uns sträflich unterschätzten Meisterwerke "Nixon" (1995) und "U-Turn" (1997). Doch dann kamen Flops ("Alexander"), unreflektierte Polit-Dokus ("Comandante", "Looking For Fidel"), ungelenkes Patriotenkino ("World Trade Center") und ein überflüssiges Sequel ("Wall Street 2").

Und nun das: "Savages", ein vor wilder Energie vibrierender Drogenthriller, der nicht nur wegen seiner Dreierkonstellation an den Westernklassiker "Butch Cassidy and the Sundance Kid" erinnert. Der sexy ist, brutal und manchmal sogar Tarantino-Witz offenbart. Eine Ode an die Schaulust, in der das Tempo hoch gehalten wird und auch die skrupellose Kartellchefin eine weiche Seite hat. Eine Seite, die Ben und Chon sich zunutze machen.

Natürlich war schon das Buch, Don Winslows "Zeit des Zorns", eine Klasse für sich, die starke Umsetzung auf die Leinwand ist trotzdem keine Selbstverständlichkeit. Die darf Stone für sich verbuchen, und das exzellente Casting spielt eine bedeutende Rolle.

Nicht nur, dass die Chemie wischen Aaron Johnson, Taylor Kitsch und Blake Lively stimmt, ihr Zusammenleben geradezu organisch wirkt, mit der Person des Killers Lado hat Stone einen Trumpf im Ärmel, der für ganz besondere Gänsehautmomente sorgt. Je ruhiger er wird, desto gefährlicher wird er auch. Ein Lächeln und die Kniescheiben sind zerschossen - wenn es denn dabei bleibt. Skrupel kennt er nicht. Benicio del Toro spielt diesen Lado als diabolischen Einzelgänger, der O schon zittern lässt, wenn er ihr nur Zigarettenrauch ins Gesicht bläst.

Mindestens ebenso faszinierend: "Savages" zeigt den Drogenhandel als Big Business, das weitgehend per Internet organisiert und abwickelt wird. Und zwar von der Transaktion enormer Geldsummen, deren Herkunft geschickt verschleiert wird, über die Logistik des Produkttransports bis zur Ausspähung des jeweiligen Gegners. Dass Ben und Chon sich gegen Elenas Kartell zur Wehr setzten können, liegt jedenfalls nicht nur an Chons Ex-Kameraden, die ihre im Irakkrieg erworben Fähigkeiten nun im amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiet einsetzen, sondern an Computer- und Finanzgenies, die in der Lage sind, komplizierteste Geldwasch-Wege aufzudecken. Die seligen Tage im Surferparadies mögen gezählt sein, aber das Ende der Geschichte bedeutet das noch lange nicht.

Bewertung: empfehlenswert

"Savages" USA 2012, 130 Min., ab 16 J., R. Oliver Stone, D: Aaron Johnson, Taylor Kitsch, Blake Lively, Benicio del Toro, Salma Hayek, täglich im Cinemaxx Dammtor/Harburg, Streit's (OF), UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek; http://movies.universal-pictures-international-germany.de/savages.html