Wahrscheinlich war es für Stephan Lohr, 62, eine Erleichterung, als gestern Abend der Deutsche Buchpreis in Frankfurt übergeben wurde. Endlich! Das mag sich der Literaturchef des NDR gedacht haben, der in diesem Jahr in der Jury des wichtigsten deutschen Literaturpreises saß. Denn es gibt ja, auch wenn es der Eitelkeit schmeichelt, nichts Blöderes für einen Juror, als wenn er ständig auf das laufende Verfahren angesprochen wird. Lohr hielt dicht in den vergangenen Monaten, sagen durfte er ja nix. Er lebt mit seiner Frau, der Künstlerin Rita Lohr, in Hannover. Autorenlesungen führen ihn oft nach Hamburg ins Literaturhaus und darüber hinaus in den ganzen Norden von Sylt bis nach Göttingen.

Sozialisiert wurde er mit den großen Alten des Betriebs: Lohr war ein begeisterter Böll-Leser, berühmt sind seine Radiogespräche mit Grass und Walser. Zur Literatur fand Lohr über Umwege. Eigentlich ist der Mann, der Germanistik und Sozialwissenschaften studierte, Lehrer. Schlechte Angewohnheiten hat er diesbezüglich nicht beibehalten. Wenn Lohr, der Vielleser und Literaturprofi, nach Lesungen im kleinen Kreis über seine Erlebnisse in der Branche berichtet, dann doziert er dabei kein bisschen. Sondern erzählt so, dass man denkt: Komisch, diese Leute, die viel mit Büchern zu tun haben - aber spannend. "Auch nach vielen Jahren bin ich immer noch entflammbar für neue gute Bücher", sagt Lohr.