Am Sonntag wird das Maori-Haus im Völkerkundemuseum mit einem Ritual und einem Fest wieder eröffnet

Völkerkundemuseum. Im Jahr 1912 hatte Hamburg die letzte Rate jenes damals gewaltigen Betrags von 35 000 Goldmark für den Ankauf des Maori-Hauses bezahlt, dem das Völkerkundemuseum schon seit seiner Eröffnung einen eigenen Ausstellungssaal widmet. Dennoch war dieses einzigartige Meisterwerk der Malerei-, Schnitz- und Flechtkunst der neuseeländischen Ureinwohner in Hamburg nur relativ wenig beachtet worden.

Doch das soll sich nun ändern: Nachdem die eigens dafür nach Hamburg gereisten Nachfahren der ursprünglichen Schnitzkünstler das Haus Rauru, wie die Maori es nennen, in den letzten Monaten weitgehend originalgetreu restaurierten, wird es an diesem Wochenende mit einem feierlichen Ritual erneut geweiht und in einer völlig neuen Präsentation anschließend für das Publikum wieder eröffnet. Etwa 80 Maori sind dafür nach Hamburg gekommen, viele von ihnen beteiligen sich auch an dem Festprogramm, mit dem das Völkerkundemuseum den ganzen Sonntag über die Neueröffnung feiert. Es gibt Vorträge, Tanzvorstellungen, Musik, Workshops zur Maori-Kunst, Lesungen und die Ausstellung "Te Ara - Der Weg der Maori", in der Fotos von Krzysztof Pfeiffer über das heutige Leben der Maori, ihre Traditionen und Perspektiven thematisieren.

Für die Maori ist Rauru sehr viel mehr als nur ein Gebäude. Es ist ein lebendes Wesen, dem man sich mit Respekt nähert, da es die Präsenz der Ahnen verkörpert und daher zum Teil der eigenen Identität wird. Nur vier dieser als "wharenui" bezeichneten Versammlungshäuser gibt es außerhalb von Neuseeland, und Rauru in Hamburg hat eine ganz besondere Geschichte. Te Waru, eine wichtige Persönlichkeit der Te Awara, die auf der neuseeländischen Nordinsel leben, gab zu Ehren seiner Braut bei einem berühmten Schnitzer ein Versammlungshaus in Auftrag. Da er während der Bauarbeiten Tabus brach, starb seine junge Frau. Auch später scheiterten alle Versuche, das Haus zu vollenden, denn mehrfach gab es weitere Todesfälle. 1897 kaufte der schwedische Hotelier Te Waru die bis dahin entstandenen Schnitzereien und ließ das Haus unter anderen von Tene Waitere, einem legendären Künstler jener Zeit, vollenden. Im März des Jahres 1900 wurde es mit einer großen Zeremonie eingeweiht, doch auch die beiden Maori-Priester die sie geleitet hatten, starben kurz darauf. 1907 gelang es Georg Thilenius, dem Gründungsdirektor des Museums, das Haus Rauru zu erwerben und nach Hamburg zu transportieren, wo es vor 100 Jahren erstmals öffentlich zu sehen war.

Es besteht aus Flechtarbeiten und zahlreichen kunstvollen Schnitzereien, die Götter und Ahnen verkörpern. Anders als die meisten Versammlungshäuser in Neuseeland verkörpern die Figuren im Haus Rauru nicht nur die Mythen einer einzelnen ethnischen Gruppe, sondern sehr verschiedene Götter und Ahnen aus der reichen Mythologie der Maori. Maßgeblich beteiligt an der Restaurierung des Hauses im August war mit Jim Schuster auch ein Nachfahre des Schnitzkünstlers Tene Waitere.

Da für ihn wie für alle Maori das Haus Rauru ein heiliger Ort ist, werden sich ihm die Museumsbesucher mit Respekt nähern. Schon bevor man den völlig neu gestalteten Saal betritt, wird man mit einem kurzen "Maori-Knigge" über angemessene Verhaltensregeln informiert: Nicht nur Essen und Getränke, sondern auch Kaugummi sind in dem Maori-Haus nicht gestattet. Und bevor man es betritt und die geheimnisvollen Götter- und Geisterfiguren betrachtet, sollte man unbedingt die Schuhe ausziehen.

Eröffnung So 7.10., 11.00-18.00, Museum für Völkerkunde (U Hallerstraße), Rothenbaumchaussee 64, www.voelkerkundemuseum.com