Sehr Durchwachsen: “Hoffmanns Erzählungen“ im Opernloft stoßen auf Kritik. Die nächste Vorlesung findet bereits am 25. Oktober statt.

Hamburg. Bettenmachen zur "Barcarole": Zum Offenbach-Ohrwurm bezieht Hausfrau Nicklausse im trauten Duett mit Giulietta die Kissen frisch für das Liebeslager in der Wohnstube. Die venezianische Kurtisane ist nur die suffselige Fantasie einer trinkenden Sofakartoffel. Denn in der Opernloft-Version des populären Offenbach-Opus schwingt Hoffmann statt der Poetenfeder des romantischen Schriftstellers lieber Bierpullen auf dem Ausziehsofa.

Natascha Ursuliak spielt allerdings nicht in allen Szenen ihrer "Hoffmann"-Inszenierung so treffend mit Scherz, Satire und (romantischer) Ironie wie beim "Vierer" mit dem Teufel unter einer Decke. Doch ihr Konzept, das in Bildern und Melodien opulent schwelgende Künstlerdrama als Szenen einer kaputten Ehe in den Griff zu bekommen, geht auf, ohne dass sie dem Original Gewalt antut. Hoffmanns Muse Nicklausse wird zur treu sorgenden Gattin eines piefigen Trinkers, der seinen Affären nachtrauert und dem Teufel als willkommenes Opfer erscheint, ihm für ein Abenteuer in echt die Seele abzukaufen.

Erschiene doch der Mephisto (Damian Delvaux de Fenffe) nur nicht in kurzen Hosen! Im Opernloft bleibt er mit nackten Waden und niedlichen Stirnhörnchen in den diabolischen Rollen Coppélius, Doktor Mirakel und Dapertutto ein harmloses Beelzebübchen mit einem vollen, (noch) unkultivierten Bassbariton. Lemuel Cuento als Hoffmann verwechselt Lautstärke oft mit Leidenschaft; in seinen Arien wünscht man oft, er schlüge leisere, innigere (Sehnsuchts-)Töne an.

Wie es dem Opernloft-Credo wohl entspricht, erweisen sich die Frauen als den Männern überlegen. Sie agieren darstellerisch überzeugender und sind gesanglich reifer. Alexandra Hebart schlägt als Nicklausse dem Satan ein Schnippchen und kehrt dem vor der Hölle geretteten Gatten endgültig den Rücken. Darlene Dobisch gibt in Markus Brukers Offenbach-Arrangements für Klaviertrio die Puppe Olympia als Girlie auf Rollschuhen, singt die Antonia seelenvoll und die Giulietta als lasziven Vorstadtvamp.

Diese tragikomische Hoffmann-Version ist originell, musikalisch ordentlich, kurz und entschlossen anders. Sie wäre ohne die Einspielung der nur bemüht witzigen Fernsehnachrichten allerdings noch besser.

"Hoffmanns Erzählungen", nächste Vorstellungen 6. und 25.10., 16.11. und 22.12., jew. 20.00, Opernloft, Karten unter T. 25 49 1040; www.opernloft.de