Das britische Cavaleri Quartet gewinnt den Internationalen Kammermusikwettbewerb in Hamburg

Hamburg. Eins ist mal ganz klar: Um die Zukunft der Kammermusik muss man sich keine Sorgen machen. Fast überall auf der Welt gibt es junge Ensembles, die sich den Meisterwerken der Gattung mit großer Hingabe und tiefem künstlerischen Ernst widmen. Das war jetzt neun Tage lang in Hamburg zu erleben. Neun Streichquartette und elf Klaviertrios aus den USA, China, Australien und aus verschiedenen europäischen Ländern gingen beim Internationalen Kammermusikwettbewerb an den Start. Ihnen winkten Preisgelder von insgesamt mehr als 80 000 Euro sowie CD-Produktionen und eine Konzerttournee.

Doch die Hürden auf dem Weg dahin hatte Wettbewerbsdirektor Niklas Schmidt hoch gelegt: In jeder der drei Runden - im Forum der Hochschule, in der Laeiszhalle und im Rolf-Liebermann-Studio des NDR - mussten die Ensembles anspruchsvolle Werke des Standardrepertoires von Haydn über Beethoven und Schubert bis Ravel spielen. Sprich: fast drei komplette Konzertprogramme innerhalb einer guten Woche, gespickt mit Hammerstücken. Und zwar vor den Ohren einer strengen siebenköpfigen Jury, in der einige Kammermusiklegenden saßen wie Valentin Erben, Cellist des ehemaligen Alban-Berg-Quartetts, und die 88 Jahre alte Klaviertrio-Ikone Menahem Pressler, Gründer des Beaux Arts Trios.

Auch sie hatten keine leichte Aufgabe. Denn die jungen Formationen repräsentierten eine große Spannbreite ganz unterschiedlicher Zugänge zur Kammermusik: Das amerikanische Calidore Quartet etwa streicht meist mit großem Klang und sattem Vibrato, das Gerhard Quartet aus Barcelona setzt, ganz im Gegenteil, auf subtile Zwischentöne und allerfeinste Piano-Farben. Manche Gruppen sind technisch und im Zusammenspiel nahe an der Perfektion, wirken aber vielleicht auf Dauer ein bisschen kühl, bei anderen geht schon mal ein Ton daneben, dafür gelingen ihnen Momente, die einen wirklich berühren.

Wie soll man so grundverschiedene Ansätze gegeneinander abwägen? Wie die physikalisch nicht messbare Qualität einer Interpretation bewerten? Das entschied jeder der Juroren nach seinem eigenen Geschmack und mit einer Punktzahl, die dann mit der seiner Kollegen verrechnet wurde. Diese Methode ermittelt unterm Strich den Durchschnitt von sieben sehr persönlichen Urteilen - und führt nicht automatisch zum besten Ergebnis.

Großer Sieger des Wettbewerbs wurde, für manche Zuhörer etwas überraschend, das britische Cavaleri Quartet, das den mit 20 000 Euro dotierten ersten Preis und den 10 000 Euro schweren Mendelssohn-Preis mit nach Hause nahm. Dagegen landete das wunderbare Cavatine Quartet aus Frankreich nur auf dem dritten Platz, bekam allerdings vollkommen zu Recht auch den Haydn-Preis und kann sich somit über 16 000 Euro freuen.

Nur schwer nachvollziehbar die Entscheidung der Jury, bei den Klaviertrios gar keinen, nicht einmal einen zweiten oder dritten Preis zu vergeben - wo doch Ensembles wie das Yoon Trio oder das Trio Karénine in der Finalrunde stellenweise wirklich hinreißend beseelt musizierten.

Vollkommen unnötig war die Pauschalschelte des Juryvorsitzenden Menahem Pressler, der die Trios in seiner kurzen Abschlussrede ziemlich runtermachte. Als wäre die Nachricht, dass alle mit leeren Händen nach Hause gehen, nicht schon frustrierend genug. Das hatten die jungen Trios nun überhaupt nicht verdient. Auch eine Legende vergreift sich mal im Ton, der doch eigentlich die Musik macht.