Hamburg. Nicht ganz zu Unrecht gilt die Musikwissenschaft als leicht weltfremdes Studienfach, das sich Wirklichkeit und Alltagstauglichkeit durch ausführliches Theoriegrübeln entzieht. Heute und morgen wollen Musikwissenschaftler an der Hamburger Universität beweisen, dass es auch anders geht - praktischer, anschaulicher, unterhaltsam womöglich. Zwei Tage lang geht es auf einem Kongress um den Hafen "als kulturellen Ort und musikalische Chiffre". Im Sommersemester hatten Studenten dafür Archive durchstöbert, Interviews geführt und maritime Sonderbarkeiten entdeckt.

Der Hafen an sich war immer schon ein Sehnsuchtsort, Musikstile wurden auf Handelswegen von Seeleuten und Emigranten als Erinnerung an die Heimat mitgenommen. Wagners "Fliegender Holländer" oder Brittens "Billy Budd" sind zwei von zahllosen Beispielen für die Faszination, die dieses Umfeld auf Komponisten ausübte.

Dass es kaum einen besseren Hafen als den Hamburger gibt, um in dessen Nähe solche Themen zu erörtern, betont das Programm, das für alle Interessierten frei zugänglich ist. Aktuellstes Beispiel für den Drang der Musik ans Wasser ist schließlich die Elbphilharmonie hoch über der Elbe. Nach der Präsentation der Materialforschung geht es beispielsweise um "Das Ohr zur Welt" und den "Hamburger Hafen als Klang- und Imaginationsraum im 19. und 20. Jahrhundert" oder den "Klangort Hafen". Ein Fachvortrag befasst sich mit Mozarts "Idomeneo" und Glucks "Iphigenie in Aulis", dem "wütenden Meer, dem sicheren Hafen und widrigen Winden". Der Volkssänger Jochen Wiegandt räumt unter dem Leitmotiv "Was Seeleute wirklich sangen" mit vielen Klischees auf, bei denen Repertoire-Traditionen mit Seemannsgarn verwechselt wird. Zum Ausklang nimmt Literaturhaus-Chef und Schlager-Experte Rainer Moritz nicht nur Kapitäne mit auf eine "maritime Reise durch die Schlagerkultur".

Musikwissenschaftliches Institut, Neue Rabenstraße 13. Eintritt frei; www.hafenmusik.com