Das Filmfest Hamburg feiert morgen seinen 20. Geburtstag. Hollywood-Star Clint Eastwood erhielt den ersten Preis des Festivals.

Hamburg. Wenn morgen das Filmfest Hamburg im Cinemaxx mit "Valley of Saints" startet, werden sie alle vier da sein. Die bisherigen Festivalchefs noch einmal bei einer Eröffnungsfeier zusammenzubringen war dem amtierenden Leiter Albert Wiederspiel ein Anliegen. Also werden auch seine Vorgänger Rosemarie Schatter, Gerhard von Halem und Josef Wutz kommen und womöglich von alten Zeiten erzählen. Da dürfte einiges zusammenkommen, denn das Filmfest feiert in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag.

Begonnen hat es nicht etwa mit der Henne, sondern mit einem Ei. Das war auf einem Flyer zu sehen, der 1992 bei der Berlinale verteilt wurde und ein Festival für Hamburg ankündigte. Auf dem Ei segelte eine Hansekogge, darunter stand "Wir schlüpfen". Das erste Filmfest dauerte sechs Tage, zeigte Bertrand Taverniers "Auf offener Straße" und Andreas Dresens Debüt "Stilles Land". Die Anfangsphase war etwas holprig. Rosemarie Schatter blieb nur ein Jahr, 1993 fiel das Filmfest wegen eines Streits um die Finanzierung aus. 1994 war Gerhard von Halem Chef und durfte sich darüber freuen, dass Oliver Stone nach der Vorführung von "Natural Born Killers" sein Votum "Hamburg ist besser als Berlin" ins Kino rief. Von Halem musste nach dem Streit um finanzielle Ungereimtheiten gehen.

Josef Wutz und Albert Wiederspiel brachten dann ab 1995 Kontinuität in die Veranstaltung. Das Filmfest Hamburg konnte sich mit seinen bescheidenen finanziellen Mitteln nie mit den großen A-Festivals wie Cannes oder Berlin messen. Stattdessen versuchte man, eigene Akzente zu setzen, sei es für das amerikanische Independent Cinema bei Wutz oder für Filme aus Frankreich bei Wiederspiel. Eigentlich zählen auch Filme aus dem Iran dazu, aber das Land ist ausgerechnet im Jubiläumsjahr nur mit einem Werk dabei.

Ein anständiges Festival braucht auch einen ordentlichen Preis. 1995 wurde er aus der Taufe gehoben und nach dem aus Eimsbüttel stammenden Regisseur Detlef Sierck benannt, der als Douglas Sirk in den USA mit seinen Melodramen große Erfolge erzielen konnte. Clint Eastwood persönlich holte sich den ersten Douglas-Sirk-Preis 1995 für seinen Film "Die Brücken am Fluss" ab. Er ließ damals gerade seine Phase als Leinwand-Raubein hinter sich und startete seine erstaunliche zweite Karriere als Regisseur. Eastwood war nur einer in einer langen Reihe prominenter Preisträger, zu denen auch Jodie Foster, Stephen Frears und Aki Kaurismäki zählen. Im vergangenen Jahr bekamen ihn Regisseur Andreas Dresen und Produzent Peter Rommel für das Krebsdrama "Halt auf freier Strecke". Noch-nicht-Bundespräsident Joachim Gauck war der Laudator. In diesem Jahr darf sich der Südkoreaner Kim Ki-duk über die Auszeichnung freuen.

In zwei Jahrzehnten Festival kommt einiges an Informationen und Anekdoten zusammen. Viele von ihnen sind im gerade erschienenen Buch "Filmfest Hamburg" versammelt. Darin wird auch an den Besuch von Sophia Loren erinnert, die dem Publikum 2003 noch einmal zeigte, wie eine große Diva ihren Auftritt zelebriert. Sie stellte den Film "Zwischen Fremden" vor, den ihr Sohn Edoardo Ponti inszeniert hatte. Sehr viel lockerer war da schon der Auftritt von Moritz Bleibtreu, Fatih Akin und Adam Bousdoukos vor der Premiere von "Soul Kitchen". Alle Filme des Hamburger Regisseurs seit seinem Debüt "Kurz und schmerzlos" 1998 wurden auf seinem Heimfestival gezeigt.

Wer als Zuschauer die richtigen Trüffelschwein-Kinogene besaß, konnte beim Filmfest künftige Oscar-Preisträger bewundern. So kam 2007 Christoph Waltz, bevor er mit "Inglourious Basterds" zum Weltstar wurde. Auch Cate Blanchett war noch ein Geheimtipp und etwas schüchtern, als sie den Film vorstellte, der ihr international den Durchbruch brachte: "Elizabeth". Ärger gehört natürlich auch immer mal wieder dazu. Im Jahr 2000 wollte das Filmfest an der Binnenalster ein Kartencenter aufbauen. Das Bezirksamt Mitte legte sein Veto mit der Begründung ein, die Alster sei "ein Ort der Ruhe und Besinnlichkeit".

Aber jetzt wird zur Einstimmung auf die nächsten zehn tollen Filmtage der Eröffnungsfilm aus Kaschmir von Regisseur Musa Syeed gezeigt. Eine echte Rarität. Welches Festival kann sich schon mit einem Eröffnungsfilm aus diesem Land schmücken? Allerdings ist die Auswahl keine einfache Sache. In den zwei Jahrzehnten gab es überzeugende Auftakte wie vor drei Jahren, als "Soul Kitchen" lief, oder 1999, als Sebastian Schipper sein Regiedebüt "Absolute Giganten" zeigte, das seitdem zu einem Klassiker unter den Hamburg-Filmen geworden ist. Es gab aber auch Eröffnungsfilme, nach denen man kopfschüttelnd das Kino verließ. Wo "Valley of Saints" einzusortieren ist, wird man sehen.

Michael Töteberg (Hg.): "Filmfest Hamburg", Junius Verlag, 96 S., 19,90 Euro