Die Hamburger Autorin Eva Lohmann hat mit “Kuckucksmädchen“ einen unterhaltsamen Roman über ihre Generation geschrieben.

Hamburg. Der Stapel mit den Geburtsanzeigen auf der Flurkommode wuchs immer weiter. Auf die "Hurra, es ist ein Junge"-Karte folgte das rosafarbene Pendant. Kein Zweifel, die Freunde bastelten unermüdlich am Nachwuchs. "Ich hatte das Gefühl, dass die Karten zu mir sprechen: 'So, Eva, langsam musst du dich auch mal entscheiden'", sagt Eva Lohmann, die selbst in die Gruppe der Um-die-Dreißigjährigen fällt und über diesen Lebensumbruch und die damit einhergehenden (oft selbst ernannten) Krisen einen Roman verfasst hat: "Kuckucksmädchen".

"Generation Option" hat sie Hauptfigur Wanda samt ihrer Clique getauft, die sich so schwer tun mit der Entscheidung fürs Kinderkriegen oder Karrieremachen, Altbauwohnung zur Miete oder Eigenheim am Stadtrand, Traualtar oder zurück zum Ex. Lohmann schickt ihre Heldin, die erfreulicherweise nicht irgendwas mit Medien macht, sondern als Haushaltsauflöserin ihr Geld verdient, auf eine wochenlange Reise quer durch Hamburg. Wanda spaziert in das bunte Bullerbü von Max, um zu gucken, wie sie selbst in dieses Bilderbuchleben und zu dem dazugehörigen Mann passen würde, der Teil ihrer Vergangenheit ist. Sie trifft Philipp, der sein Glück zwischen Holzdielen, Stuck und der Einrichtung des Babyzimmers gefunden und keinen Platz mehr für Wanda hat. Bei alldem guckt ihr das Herz über die Schulter, pikst hier, zwickt dort und gibt ein paar rotzfreche Kommentare ab, die leider auch einen Klumpen Wahrheit enthalten.

Eva Lohmann beherrscht die Kunst des Small Talks über Schreibrituale (im Bett) und den Siegeszug der Rhabarberschorle, die sie im Café Oberstübchen im Pudel Club bestellt, ebenso wie Konversation über ernstere Themen wie der Umzug ihres Großvaters ins Heim und ihren Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik vor zwei Jahren.

"Acht Wochen verrückt" hieß das Buch, das sie anschließend schrieb und sich mehr als 40 000-mal verkauft hat. "Krass, die haben das echt gedruckt", war ihr erster Gedanke, als sie ein Exemplar in den Händen hielt. "Beim zweiten Buch bin ich viel entspannter, ich mache meinen Lektor auch nicht mehr wahnsinnig mit meinen dauernden Anrufen", sagt sie, reckt ihr Gesicht der Sonne entgegen und wirkt tatsächlich nicht gestresst, nervös, unglücklich. Warum sollte sie auch? "Kuckucksmädchen" ist ein Buch, das sich flüssig und unterhaltsam liest, kluge Beobachtungen enthält und in einem lakonisch-lässigen Tonfall geschrieben ist.

Wanda lässt sich nicht verbiegen, hat einen bissig-bösen Blick auf ihr Umfeld und die eigenen Macken. Manchmal möchte man sie rütteln, wenn sie im selbst gezimmerten Elend versumpft. Sie sei ebenfalls ein "melancholischer Mensch", sagt Lohmann, die sich nicht erst seit ihrem Klinikaufenthalt über falsche Entscheidungen und glückliche Lebensentwürfe nachdenkt. Diese zu ordnen hilft das Schreiben. "Ich habe schon als Kind immer Sachen ausformuliert, beim Autofahren aus dem Fenster geguckt und im Kopf meinen eigenen Videofilm gedreht. Ich dachte, das wäre normal, das würden alle tun", sagt die Lohmann, die Wörter, Wortspiele, Formulierungen sammelt wie andere Leute Paninibilder. Eines Tages werden sie zu Geschichten.

"Kuckucksmädchen" Piper, 178 S., 16,99 Euro