Das Kino Metropolis zeigt von Sonnabend bis Mittwoch sechs aktuelle tschechische Filmproduktionen aus der Reihe “Czech on Tour“.

Metropolis. Gute Nachbarn sollte man ab und zu mal einladen. In diesem Sinne ist von Sonnabend an und noch bis zum Mittwoch eine Reihe mit sechs neuen tschechischen Filmen im Metropolis zu sehen. Die Reihe "Czech on Tour" will einen Querschnitt durch die aktuelle tschechische Filmproduktion bieten, denn das Land hat mehr und Aktuelleres zu bieten als die Werke von Altmeister Milos Forman und Jiri Menzel. Marketa Santrochova vom Czech Film Center, die das Programm zusammengestellt hat, möchte "ein lebensnahes Bild der heutigen tschechischen Gesellschaft vermitteln".

Den Auftakt macht am heutigen Sonnabend Petr Nikolaevs Film "... und es kommt noch schlimmer", der die Zuschauer in die Zeit kurz nach dem Prager Frühling, in die 70er-Jahre, mitnimmt. Protagonist Olin hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten, um nicht zum Militär eingezogen zu werden. Stattdessen landete er in der Psychiatrie. Danach geht er in seiner Heimat in den Untergrund, in eine Welt von Ausgeflippten und Obdachlosen, in der der Alkohol in Strömen fließt. Der Regisseur kommt ins Kino und erklärt, warum sich an diese Zeit damals so viele Hoffnungen knüpften.

Im vergangenen Jahr hat Nikolaev auch den jüngsten Film der Reihe inszeniert. "Lidice" erinnert an ein Verbrechen aus dem Zweiten Weltkrieg. Der Titel steht für den Ort, dessen Einwohner aus Rache für das Attentat an SS-Mann Reinhard Heydrich von den deutschen Besatzern ermordet wurden. Fragen dazu beantwortet Nikolaev am Sonntag nach dem Film.

Heiterer geht es am Montag in der Tragikomödie "Personalausweis" zu. Ondrej Trojan erzählt von vier Jungen, die in den 70er-Jahren ihre Personalausweise überreicht bekommen. Das heißt, in drei Jahren beginnt ihr Wehrdienst. Dem versuchen sie auf allen erdenklichen Wegen zu entkommen. Dabei stellen die Jungs die Autorität ihrer Eltern und des Staates infrage.

"Grandhotel" ist die Geschichte eines schrulligen Hausmeisters, der in einem kegelförmigen 100 Meter hohen Turm im Isergebirge arbeitet. Einst ein Architekturdenkmal und Symbol der vielversprechenden sozialistischen Zukunft, ist er nun ein Hotel und Fernsehturm. Hausmeister Fleischmann will von hier aus mit einem Ballon starten. Ein Zimmermädchen sorgt dafür, dass er nicht abhebt.

Der Dokumentarfilm "Der Heiratsvermittler" von Erika Hnikova gewann 2011 bei der Berlinale einen Publikumspreis. Den Zuschauern gefiel die bizarre Geschichte von einem Provinzbürgermeister, der seine Einwohner über die Lautsprecheranlage aufforderte, etwas gegen den Einwohnerschwund zu tun. Dating-Abende und Geldprämien setzte er als zusätzliche Mittel zur externen Familienplanung ein.

Solche Anreize brauchen Ivana und Vaclav nicht. Sie zählen zu den sechs Paaren, die die Protagonisten von "Marriage Stories, 20 Years Later" von Helena Trestikova sind. Die Regisseurin hat sie für ihre Langzeitdokumentation erstmals in den 80er-Jahren besucht und kam zwei Jahrzehnte später zurück. Ivana und Vaclav lernten sich als Architekturstudenten kennen. Jetzt haben sie fünf Kinder, restaurieren ein Mietshaus und wollen in Prag das größte europäische Geschäft für Stühle eröffnen. Nicht unbedingt repräsentativ, diese Ehekarriere, aber doch ein Beispiel für die gesellschaftlichen Entwicklungen bei unseren Nachbarn.

"... und es kommt noch schlimmer" Sa 19.00

"Lidice" So 12.30, Metropolis (U Gänsemarkt), Kl. Theaterstr., Karten 6,-/4,-; www.metropoliskino.de