Der Pianist Lars Vogt spielt Lutoslawski mit Thomas Hengelbrock und dem NDR Sinfonieorchester

Hamburg. Wenige Werke der Musikgeschichte sind in ihrer Wahrnehmung ähnlich auf einen Aspekt eingeengt worden wie Mahlers Fünfte auf den Soundtrack, den ihr langsamer Satz, das Adagietto, 1971 zu Luchino Viscontis Filmklassiker "Tod in Venedig" lieferte. Doch Thomas Hengelbrock und das NDR Sinfonieorchester fegten bei ihrem Konzert in der Laeiszhalle etwaige cineastisch-nostalgische Erwartungen kurzerhand hinweg: Diese Fünfte klang so frisch, so bekenntnishaft emotional, als gehörte sie nicht längst zum Repertoire des Orchesters.

Der Trompeter Jeroen Berwaerts eröffnete die Sinfonie ganz allein. Auf dem Weg von der tiefsten Verzweiflung bis zur Schlussapotheose meißelte Hengelbrock die Charaktere heraus wie auf dem Theater: hier die schneidend grellen Dissonanzen im Blech und dort einen milden Streicherklang, der im Adagietto jede Erdenschwere verlor. Souverän und mit warmem Ton blies Jens Plücker das Hornsolo im dritten Satz.

Es spricht für die Künstler, dass auch nach dieser Fünften der Eindruck aus der ersten Konzerthälfte noch präsent war. Lars Vogt war der Solist in Witold Lutoslawskis Klavierkonzert aus dem Jahre 1988, einem hinreißend poetischen, weltweisen Werk. Bartók, Gershwin, Debussy ließen grüßen - und doch hatte die Musik ihre ganz eigene Sprache, fern jedes Eklektizismus. Von den spieltechnischen Gemeinheiten machte Vogt keinerlei Aufhebens. Stattdessen ließ er sich, stets aufs Kammermusikalischste mit dem Orchester verbunden, so auf diese vielgestaltige Musik ein, dass die Intensität seines Ausdrucks den ganzen Saal füllte. Großer Jubel - am Sonntag wird das Programm wiederholt. (vfz)

NDR Sinfonieorchester, Lars Vogt, Thomas Hengelbrock So 11.00, Laeiszhalle (U Gänsemarkt), Johannes-Brahms-Platz. Karten ab 10,- unter T. 0180/178 79 80; www.ndrsinfonieorchester.de