Sandra Kecks märchenhafte Ausgabe von “Rock op Platt“ verhext das Ohnsorg-Publikum

Hamburg. Das Ohnsorg-Ensemble rockt nun auch die neue Hütte am Hauptbahnhof. Sandra Kecks vom Premierenpublikum (mit)klatschfreudig gefeierte Musikshow "Rock op Platt" Nummer drei führt vom Bauernhof direkt in den Poppenbütteler Märchenwald. Rasch entpuppt sich die Revue als freches, munteres Bäumchen-wechsel-dich-Spiel zwischen den bekannten Grimm-Figuren auf Partnersuche.

Das überlebensstarke Schneewittchen (Tanja Rübcke gesanglich wie tänzerisch in Hochform), nun dreimal verheirateter Öko-Freak, wünscht sich einen "Traummann, jung, dreist, knackig und mit dickem /Pause/ Geldbeutel." Genau wie Rapunzel (Anja Mattner) zwischen den zwei Prinzen, das Rotkäppchen (Annabelle Mierzwa) oder Aschenputtel. Da lockt der Froschkönig (Robert Meyer) mit seinen "goldenen Eiern" und auch Drosselbart (Mark Derichs) versucht bei "König söcht Froo" mit Percy Sledges Soul-Gestöhne von 1966 "When A Man Loves A Woman" sein Glück. Der flotte, zuweilen frivole und rhythmisch fetzige Hitparaden-Abend ist eindeutig nicht an die lieben Kleinen adressiert. Auch wenn Uwe Friedrichsen (im Video) anfangs auf gutmütigen Märchenonkel macht, sich später aber als verschmitzter Kuppler ins Speed-Dating einmischt.

Gleich zu Beginn legen die Märchendamen ab, fliegen - schwups! - wie von Zauberhand die quietschbunten Gewänder (Kostüme: Christine Jacob) weg. In schwarzen Spitzenmiedern stehen sie im Grünen (Bühne: Hans Winkler) und legen los wie die Girls vom "Cabaret"-Kit-Kat-Klub: "Hier rockt wi op Platt". Die Fliegenpilz-Band unter Stefan Hillers musikalischer Leitung feuert sie an und Choreograf Stephan Grühn macht ihnen Beine, dass die lederbehosten Kerle in der Chorus Line Mühe haben mitzuhalten.

Markus Gilllich, bereits mehrfach aufgefallen und jetzt fest im Ohnsorg-Ensemble, spielt sich allerdings federleicht in die erste Reihe als springlebendiges, rotbärtiges Rumpelstilzchen. Er bringt den Saal als "Jumping Rumpel" mit Bubencharme, Häkelkäppchen und Hit von DJ Ötzi ganz locker zum Jubeln. Zuvor bezauberte er im aschgrauen Küchenfummel mit einer ironischen, doch nie übertriebenen oder peinlichen Aschenputtel-Parodie. Die auf glitzernde Nuttenstelzen fixierte Schuhfetischistin besingt "Nee'e Schöh!" mit "Only You" und innigem Augenaufschlag. Superkomisch!

Das letzte Wort gehört natürlich der Autorin und tonangebenden Regie-Hexe Sandra Keck. Als Rotkäppchens Großmutter dreht sie den Spieß um und bedroht den auch das Schlagzeug traktierenden Wolf (Horst Arenthold), will ihn vernaschen. Sie verzaubert Hänsel und Gretel in die verirrten Migrantenkinder Aysche und Murat und verwandelt furios singend mit Bonny Taylors "Holding Out For A Hero" und ihren Märchenschwestern ("It's Raining Men") die Bühne in einen Disco-Hexenkessel. Dagegen hat das schlagerselig nachschwappende Udo-Jürgens-Medley null Chance. Die Zugaben für den Beifallorkan grooven außerdem noch viel besser.

"Rock op Platt III" Ohnsorg, alle Vorstell. bis auf 20. 10.,16.30 ausverkauft; weitere Termine vom 2. - 4. 1. und 19. - 22. 2. 2013, Karten: T. 35 08 03 21