Trios und Quartette: Die International Chamber Music Competition bringt den Top-Nachwuchs nach Hamburg

Musikhochschule. Freie und Wettbewerbsstadt Hamburg? Als Liebhaber der Klassik, insbesondere der Kammermusik, könnte man diesen Eindruck gewinnen, zumindest im hanseatischen Spätsommer. Vor wenigen Wochen erst rangen Top-Cellisten im hohen Teenageralter mit Wohnsitz Deutschland um den Tonali-Preis, ab heute spielen hier Spitzenmusiker aus der ganzen Welt bei der "International Chamber Music Competition" (ICMC) um die Wette, um Ruhm und um Geld.

Nur Streichquartette und Klaviertrios konnten sich bewerben. Während bei Tonali mit der Altersgrenze 21 Jahre die Jugend regiert, rechnet der ICMC bei seinen Kandidaten mit ausgiebigerer Spielerfahrung. Das Gesamtalter bei den Trios darf bei 99 Jahren liegen, das bei den Quartetten entsprechend bei 132 Jahren. Um einen halbwegs ausgeglichenen Altersdurchschnitt zu gewährleisten, darf bis zum 15. September keiner der teilnehmenden Musiker älter als 35 Jahre geworden sein.

Niklas Schmidt, Professor an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater und selbst brillant Cello spielender Hans Dampf in allen Kammermusikgassen, ist der Initiator, die gute Seele und einer der Juroren des Wettbewerbs. Schon die Premiere des auf einen Dreijahres-Turnus angelegten ICMC 2009 brachte Hamburg, Geburtsstadt der zwei großen Repertoire-Lieferanten Felix Mendelssohn und Johannes Brahms, schlagartig auf die Landkarte der Kammermusikstädte mit Ausstrahlung. Das liegt neben dem hohen Niveau der Jury mit Koryphäen wie Menahem Pressler, Valentin Erben, Eberhard Feltz oder Michael Mücke gewiss auch an der hübschen Summe, die die diversen Preise des Wettbewerbs ergeben können.

So nahm das aus Rumänien stammende Arcadia String Quartet 2009 nicht nur den mit 20 000 Euro dotierten Ersten Preis in der Sparte Streichquartett mit nach Hause, sondern auch noch den Mendelssohnpreis (10 000 Euro). Das beste Trio wird mit 15 000 Euro prämiert, hinzu kommen eine CD-Einspielung sowie die Organisation einer Konzerttournee. 70 Prozent des gesamten Wettbewerbsetats von etwa 220 000 Euro trägt die Oscar-und-Vera-Ritter Stiftung.

Diesmal gehen nach verletzungsbedingten Absagen (oder vielleicht auch solchen nach internem Ensemble-Zerwürfnis) acht Streichquartette und elf Klaviertrios an den Start. Die Hamburger Beteiligung sieht auf den ersten Blick dünn aus: Lediglich der Cellist des Artevio Quartetts, Martin Leo Schmitt, ist Hamburger, sein Ensemble wird von der hier ansässigen Stiftung Feldtmann kulturell gefördert.

Doch der geografischen Herkunft der einzelnen Mitglieder in solchen hochspezialisierten musikalischen Kleingruppen kommt ohnehin nur eine relative Bedeutung zu; häufig verlassen junge Musiker zum Studieren ja nicht nur ihren Heimatort, sondern gleich das Land. Und das gilt nicht nur für den Nachwuchs aus Asien, wo pädagogische Institutionen zur Vermittlung abendländischer Musik auf diesem Niveau rar gesät sind. Oft ist es die Strahlkraft eines einzelnen Quartett-Gurus wie etwa Eberhard Feltz von der Musikhochschule Hanns Eisler Berlin, der ein ganzes Ensemble dazu veranlasst, zumindest für eine Zeit an den Ort seines Wirkens zu ziehen.

Mit der Auswahl der Pflichtstücke, die jedes Ensemble für die drei Runden präpariert haben muss, betreibt Niklas Schmidt auch gezielt Aufbauarbeit im Repertoire. Denn wer sich für das beglückende Exerzitium Quartett oder Trio entschieden hat, die Königsdisziplinen der Kammermusik, soll sich auch an Ungewohntem erproben. Und das ist auch für Hörer der öffentlichen Wettspiele ein Gewinn - bekommen sie doch für ein Taschengeld lauter bestens vorbereitete Werke zu hören, die sonst kaum im Konzertkalender auftauchen.

International Chamber Music Competition heute, 19.00 (Eröffnung und Auslosung der Reihenfolge) sowie Wertungsspiele 1. Runde ab Sa 22.9., 10.00 Uhr Forum der Hochschule für Musik und Theater (U Hallerstraße) Harvestehuder Weg 12.

2. Runde ab Di, 25.9., 10.00 Uhr, Laeiszhalle (U Gänsemarkt) Johannes-Brahms-Platz. 3. Runde ab Fr, 28.9., 10.00 Uhr, Rolf-Liebermann-Studio (U Hallerstraße), Oberstraße 10. Karten zu 5,- (ermäßigter Halbtagespreis) bis 119,- (alle Wettspiele und Abschlusskonzert) unter T. 35 76 66 66