Guido Knopp hört auf und macht sich mit dem Mehrteiler “Weltenbrand“ beim ZDF ein Abschiedsgeschenk nach bewährtem Strickmuster.

Berlin. Die Einschaltquoten haben ihm immer recht gegeben. Guido Knopp war der oberste Geschichtslehrer der Nation, auch wenn die Wissenschaft an seiner populären Form der Aufbereitung - Dokudrama, Histotainment - unablässig herumgemeckert hat. Jetzt tritt er ab, und zwar mit einem Dreiteiler, den das ZDF zur besten Sendezeit zeigt: "Weltenbrand". Von heute an jeweils dienstags um 20.15 Uhr. Thema ist der Erste Weltkrieg, Knopps Nachfolger (der noch nicht benannt ist) wird sich im nächsten Jahr unter demselben Titel mit einem weiteren Mehrteiler dem Zweiten Weltkrieg zuwenden, und weil flotte Etiketten besser hängen bleiben, spricht man in der ZDF-Redaktion für Zeitgeschichte, die Knopp seit 1984 leitet, gern vom "Dreißigjährigen Krieg des 20. Jahrhunderts". Das wird die Historiker wieder auf die Palme bringen, auch wenn es nicht ganz falsch ist, denn zum Zweiten Weltkrieg wäre es ohne den Ersten und seine desaströsen wirtschaftlichen Folgen ja gar nicht gekommen.

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs jährt sich allerdings erst im Sommer 2014 - "Weltenbrand" ist also ein Abschiedsgeschenk, das sich Guido Knopp selbst machen darf. Mit den bewährten Mitteln und einem technischen Extra, das für neue Diskussionen sorgen wird. Denn das Filmmaterial aus den Jahren 1914 bis 1918 wurde nicht nur restauriert und auf HD-Qualität gebracht, sondern auch handkoloriert. Allein das hat 1500 Euro pro Filmminute gekostet. Knopp spricht von hervorragend angelegtem Geld. Den Einwand, dass Schwarz-Weiß-Bilder beim Zuschauer die Assoziation von Realität bewirken, mag er nicht gelten lassen. Die Kolorierung bietet aus seiner Sicht die Möglichkeit, "die verfälschenden schwarz-weißen Bilder in die Wirklichkeit zurückzutragen". Die Frage, ob man denn in der Fortsetzung mit kolorierten KZ-Szenen rechnen müsse, bog Knopp in Berlin mit der Bemerkung ab, die Entscheidung liege natürlich in der Verantwortung seines Nachfolgers. Er selbst, so Knopp, würde hier aufgrund seines "sensiblen Verständnisses von Geschichte" eine Grenze ziehen.

Dass diese Ausnahme die komplette Problematik des Unternehmens bündelt, wollte bei der Pressevorführung der ersten Folge niemand vom ZDF wahrhaben. Auch Knopps Autorin Annette von der Heyde nicht, die etwas angestrengt wirkte, als sie die Spielszenen verteidigen musste. Auf die Frage, ob man auf die breit inszenierte Heiligabend-Verbrüderung zwischen britischen und deutschen Soldaten, unterlegt mit Dudelsackmelodien und "Stille Nacht"-Gesängen, im Bild nicht besser verzichtet hätte, antwortete von der Heyde, selbstverständlich hätte man stattdessen auch aus Soldatenbriefen vorlesen können. "Aber wir müssen auch visuell etwas bieten, sonst schalten die Leute sofort ab." Und zwar nicht nur hier, sondern auch in England, Frankreich und den USA, denn dort wird "Weltenbrand" auch laufen.

Das erklärt auch, warum die Vorgeschichte so kurz kommt. Knopp zeigt den Hurra-Patriotismus von 1914 ausführlich, die großen Friedenskundgebungen lässt er weg. Begründung: Im Ausland interessiere man sich nicht für "deutsche Interna", in "Weltenbrand" gehe es um eine internationale Perspektive "mit deutschem Akzent". Vor diesem Hintergrund versteht man dann auch die Personalisierung. In der "Sündenfall"-Folge werden schon mal zwei der Protagonisten des Zweiten Weltkriegs eingeführt: der Schütze Adolf Hitler und ein englischer Leutnant namens Bernard Montgomery.

Wo Knopp draufsteht, ist also wieder Knopp drin. Das heißt auch, dass es Neues zu entdecken gibt. Zum Beispiel nie gesehene Bilder aus Löwen. Bei ihrem Marsch auf Paris hatte die deutsche Heeresleitung ja den Umweg über Belgien gewählt, um die Festungen an der deutsch-französischen Grenze zu umgehen. Löwen war am 19. August eingenommen worden. Einige Tage später kam es zu Schießereien. Die deutsche Armeeführung vermutete Freischärler hinter den Anschlägen und ließ das Stadtzentrum niederbrennen. Als in den Flammen auch die kostbare mittelalterliche Bibliothek aufging, war der Ruf der Deutschen ruiniert. Von da an galten sie als "Boches", als Schweine.

Wer die Bilder von Löwen sieht, wird die Bilder der zerstörten deutschen Städte assoziieren. Am Ende jenes Dreißigjährigen Krieges, den das ZDF und Guido Knopp uns darbieten.

"Weltenbrand", 1. Folge: "Sündenfall", Di 18. September, ZDF, 20.15 Uhr