An der Staatsoper hat Borodins “Fürst Igor“ Premiere

Hamburg. Ganz schön grimmig schaut er, der Staatsoperndirektor Francis Hüsers, wenn die Leute meinen, bei der Saisoneröffnung mit "Fürst Igor" hätte man es sich hübsch bequem gemacht; einfach eine Produktion in Zürich eingekauft, statt sich selber anzustrengen. Nichts könnte ja auch der Wahrheit ferner sein, obwohl die kaum aufgeführte, auf Partiturfragmenten des Russen Alexander Borodin basierende Oper "Fürst Igor" im April am Zürcher Opernhaus ihre Premiere erlebte. Am Sonnabend hebt sich erstmals an der Dammtorstraße der Vorhang zu diesem personal- und materialintensiven Randwerk der Musikgeschichte, das David Pountney inszenierte.

"Nein, das ist wirklich eine echte Koproduktion", sagt Hüsers, der mit dem Technischen Direktor der Oper, Hans Peter Boecker, und dem künstlerischen Produktionsleiter, Morten Mikkelsen, seit den ersten Planungen vor zwei Jahren alle Details der Zusammenarbeit umsetzen muss. "Am Anfang stand ein Treffen zwischen Simone Young und Pountney in Berlin", erinnert sich Hüsers. Man besprach die komplizierte Quellenlage und kam über die Spielfassung überein. Zuvor hatte der Hamburger Mäzen Klaus-Michael Kühne Young mit dem damaligen Zürcher Intendanten Pereira zusammengebracht und die Kooperation angeregt, wobei er dem Unternehmen auch finanziell kräftig beispringen wollte. "Es gab ein Telefonat mit Pereira, da wurden drei Zahlen genannt, und los ging's."

"Was wir besser können, haben wir gemacht", sagt Boecker, und meint damit auch die Oberflächen des Bühnenbilds. "Wir waren federführend bei der Deko, die Zürcher bei den Kostümen. Die Arbeit haben die jeweiligen Werkstattleiter koordiniert." 600 Kostüme wurden genäht, über 10 000 "Kostümstunden" standen am Ende auf der Uhr.

"Fürst Igor" kostet etwa doppelt so viel wie eine eigene Produktion, bietet also bei Kostenteilung keine Ersparnis. Zusammenarbeit zwingt zu viel Abstimmung und fordert deshalb einiges mehr an Zeit. Nur bei der klingenden Kunst behielt jede Stadt für sich das Heft in der Hand: Bis auf zwei Chor-Aushilfen singt, spielt und tanzt in Hamburg eine eigene Besetzung. Und Young hat Gelegenheit, die wenig schmeichelhaften Äußerungen über das "Fürst Igor"-Dirigat des Zürcher Kollegen Vladimir Fedoseyev vergessen zu machen.

Ein bisschen seufzt Mikkelsen über die zollrechtliche Behandlung der in der Schweiz gebauten Bühnenteile und dort genähten Kostüme. Weil Pereiras Nachfolger Andreas Homoki "Igor" nicht will, bleibt der Fundus in Hamburger Obhut - unerwartet werden Einfuhrumsatzsteuern fällig. Es sei aber bei den "drei Zahlen" aus dem Telefonat geblieben, beteuert Hüsers. "Wir sind ja nicht die Elbphilharmonie."