Im Polittbüro hatte “Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ Premiere

Hamburg. Die Frau ist der Kerl. Lisa Politt hat als Martha in Edward Albees bösartig erbitterten Gesellschaftsspielen um Lüge und Wahrheit "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" die Hosen an, und sie trägt auch solche - knalleng. Die Akademikertochter nimmt man ihr nicht ab, sie gibt mehr eine Prolo-Martha. Darum wirkt ihr rüdes Bierkutscher-Benehmen eher naheliegend als schockierend. Sie beherrscht von Anfang an die Szene, brüllt, keift und schlägt ihre triumphierend gehässige Lache an, wenn sie ihren Versager-Mann George als "Schlappschwanz" abkanzelt. Oliver Törner steckt die Demütigungen scheinbar weg, rächt sich dafür am jungen Rivalen Nick (Tommaso Cacciapuoti) und dessen dümmlichen Blondchen Putzi (Jantje Billker), indem er deren Ehemisere aufdeckt. Er setzt auf leisere Töne, ein fieses Grinsen, boshaftes Blitzen in den Augen.

Albees Abrechnung mit einer bornierten und gierigen Eliteschicht, die für Geld, Karriere und Macht auf (Mit)-Menschlichkeit pfeift, ist aktueller denn je. In dieser Hinsicht greift Erik Schäfflers lautstark und trinkfreudig im Polittbüro inszenierte verbale Rauferei mit kabarettreifen Komikmomenten etwas zu kurz. Zum Amüsement des Publikums funktioniert der Geschlechter-Clinch jedoch perfekt, in dem Billker und Cacciapuoti lustvoll mitmischen.

Warum nur muss das Quartett mit Mikroports agieren, die den Dialog als zuweilen übersteuertes Soundspektakel verfremden? In diesem intimen Raum gehen Zwischentöne nicht verloren, die Möglichkeit zu einem lebendig direkten Schlagabtausch wird weitgehend verschenkt, wie leisere Szenen (zum Beispiel am Schluss) zeigen, in denen sich sofort Konzentration und innere Spannung ergeben.

"Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" bis 29.9. (außer Montag) sowie 1.-3.10., 20.00, Polittbüro, Karten unter T. 28 05 54 67; www.polittbüro.de