Wie viel Spaß angewandte Physik machen kann, haben Schüler aus Bramfeld erlebt

Fasziniert verfolgen 22 Schüler, wie ein hydraulischer Zylinder langsam ihre Pappkonstruktionen zerquetscht. Anfangs halten diese noch stand, dann biegen und dehnen sie sich, bis erste Elemente abplatzen und die Gebilde endgültig einknicken.

"Das Zerstörungswerk hat seinen Sinn", erklärt Michael Staffa, Professor für Tragwerksentwürfe an der HafenCity-Universität Hamburg (HCU). "Zum einen erkennen wir die Schwachstellen in der Konstruktion, etwa ob das Zugband reißt oder die Verankerung nicht hält. Zum anderen messen wir die Tragfähigkeit der Modelle." Zuvor war es die Aufgabe der Schüler, eine möglichst stabile Zwei-Meter-Brücke aus Buchbinderpappe zu bauen. Das tragfähigste Modell wird prämiert, aber auch Ästhetik zählt.

Der Crashtest in der HCU ist der Schlusspunkt einer Projektwoche für die 15 bis 17 Jahre alten Oberstufenschüler des Gymnasiums Osterbek, die sich für das Profil Technik, Medien, Gesellschaft entschieden haben, das die Fächer Physik mit Politik, Gesellschaft und Wirtschaft verbindet. Der Ausflug in die Praxis soll ihnen zeigen, wohin sie diese Fächerkombination führen könnte. Sie könnten zum Beispiel als Ingenieure Brücken bauen, umbauen oder reparieren.

Bevor es an das Modellbauen geht, stehen zwei Tage Praxis auf dem Programm. "Wir starten immer mit ein paar Worten zum Werdegang und Berufsbild eines Ingenieurs", erzählt Stefan Ehmann, einer von drei Geschäftsführern bei WTM Engineers und Kooperationspartner für die Schule. "Danach geht es aber direkt an den Zeichentisch." Die Schüler bekommen die Aufgabe, die von den WTM-Ingenieuren in Hamburg erfolgreich realisiert wurde: den Entwurf der Shanghai-Brücke. "Mit dickem Bleistift und Geodreieck werden grob erste Abmessungen erstellt und zu Papier gebracht. Gerechnet wird natürlich auch, aber nicht zu viel."

Ehmann hat gute Erfahrungen mit der Kooperation gemacht. "Einige Schüler sind als Praktikanten zurückgekommen." Gute Bauingenieure sind heiß begehrt, und das werde auch in Zukunft so bleiben. "Die Berufsaussichten in unserer Branche sind bestens. Aber vor dem Studium sollte jeder ausprobieren, ob ihm der Beruf wirklich liegt." Die Regelstudienzeit beträgt insgesamt fünf Jahre. Im zweiten Teil der Projektwoche probieren die Schüler drei Tage lang aus, wie ihnen das Studentenleben an der HCU mit Vorlesungen und Seminaren gefällt. Vor dem Schlusspunkt, dem Brückenbau-Wettbewerb, erklärt Professor Staffa Grundlegendes zur Statik.

Bei Michael, Andrew, Nils und Alexander haben im Wettbewerb Idee und Umsetzung funktioniert. "Wir haben uns zur Stabilisierung unserer Brücke für eine X- und V-Konstruktion entschieden", erklärt Michael und erhält dafür Lob von Dr. Rita Röhner, Projektingenieurin bei KED. "Das ist eine filigrane Konstruktion und sehr sauber gearbeitet." Zusammen mit einer ansprechenden Optik reicht das für Platz eins.

Was ihre Bewertung der Projektwoche angeht, sind die Schüler uneins. "Das war die beste Projektwoche, die wir je hatten" und "Eine eigene Brücke zu entwerfen hat richtig Spaß gemacht", sagen sie. Aber es gibt auch kritische Stimmen: "Etwas mehr Hilfestellung beim Bauen wäre nett gewesen."

Abgeschreckt habe die Erfahrung sie aber nicht, ist Peter Kammann, Lehrer für Physik, Mathe und Sport am Gymnasium Osterbek, überzeugt. "Die Schüler haben viel mitgenommen und Neues erlebt, das motiviert."

Weitere Informationen zu der Initiative, die für Schüler als Berufsorientierung dient, unter: www.initiative-nat.de www.hcu-hamburg.de www.osterbek.hamburg.de