Hamburg. Das Bild trügt. Blühender Baum, blaues Bächlein, paradiesisches Panorama im Abendrot. Wären da nicht Waffen in Vitrinen ausgestellt. Die Farbe des Bluts tränkt Katrin Plötzkys Gartenidylle für die "Elektra"-Uraufführung im Malersaal des Schauspielhauses. So plakativ gerät denn auch Klaus Schumachers Inszenierung der Neufassung des antiken Dramas durch Nino Haratischwili. Die Autorin bearbeitete die Tragödie jugend- und zeitgemäß in der Sprache wie in der Handlung, um die Sinnlosigkeit und Unmenschlichkeit des Rachedenkens besser ad absurdum führen zu können.

Elektra (Angelina Häntsch) will Gerechtigkeit für ihren toten Vater und wartet auf den Bruder Orest. Sie glaubt, Agamemnon sei von seiner Frau Klytaimnestra im Bade erschlagen worden, was sich bald als (griechische) Heldensage erweist. Der Heros von Troja war ein Kriegsverbrecher und beging Suizid. Orest kehrt auch nicht als großer Rächer vom Schlachtfeld zurück, sondern als kleinmütig traumatisierter, Schnaps saufender Soldat.

Haratischwili und Schumacher erzählen die Elektra-Tragödie als Geschichte des Erwachsenwerdens einer jungen Frau in der kriegerischen Gegenwart - nicht ohne einige Widersprüchlichkeiten. Angelina Häntsch trägt die Aufführung, wächst im Streit mit der Mutter (Christine Ochsenhofer) und beim Wiedersehen und Werben um den Bruder über sich hinaus, den Florens Schmidt als zerrissenen Zyniker zeichnet. Berührend durchlebt Häntsch das Zerbrechen kindlicher Idealisierung und des Bündnisses mit ihrem Bruder, ohne jedoch von ihrer Idee der Gerechtigkeit abzulassen.

In der Trojaner-Prinzessin Polyxena (eindimensional: Katharina Lütten) begegnet ihr zunächst eine rächende Verbündete, dann eine Rivalin um die Gunst Orests, der als Selbstmordattentäter die liebe Familie in die Luft sprengt. Die Moral von der Geschicht': "Das Menschsein lässt sich im Krieg leicht vergessen."

"Elektra" 11., 12. u. 27.9., 19.00, Malersaal im Schauspielhaus, Karten unter T. 24 87 13