In Neil LaButes “Reasons to be pretty“ geht es am English Theatre zwischen jungen Paaren heiß her

Hamburg. Die Friseuse und ihr Lagerarbeiter geraten sich heftig in die Haare. Der Grund ist so banal wie der Streit laut ist und die Kraftausdrücke grob ausfallen. Hatte doch Greg gewagt, auf einer Party das Gesicht seiner langjährigen Freundin als "durchschnittlich" zu bezeichnen. Der nicht gerade feinfühlige Muskelprotz meinte wohl normal hübsch, traf aber bei Stephanie auf einen wunden Punkt. Sie rastet erst aus und haut dann ab.

Ein furioser Auftakt gelingt Neil LaBute im Dialogstück "Reasons to be pretty", in dem er den auf Körper und Oberfläche fixierten (amerikanischen) Schönheitskult ironisch attackiert. Das 2009 uraufgeführte Werk ist der letzte (allerdings auch schwächste) Teil von LaButes Trilogie zu diesem Thema mit "Das Maß der Dinge" und "Fettes Schwein". Clifford Dean inszenierte es nun mit einem treffend besetzten und auch trefflich agierenden Schauspieler-Quartett im English Theatre. Kent und Carly kommen als weiteres junges Paar ins Spiel. Die attraktive uniformierte Sicherheitsbeamtin in der Fabrik erwartet von ihrem Macho-Mann ein Kind. Gregs Arbeits- und Baseball-Kumpel ist jedoch vom Aussehen einer neuen Kollegin geblendet, mit der er fremdgeht. Greg soll den Seitensprung decken, was er zunächst tut, aber dann ablehnt. Mit Freund und Freundin zerstritten, wird er zwar von beiden verletzt, behält aber klaren Kopf im Durcheinander der Gefühle und ist um Erfahrung und Einsicht reicher.

Klingt etwas nach moralischer Unterrichtsstunde, doch mit pointierten Dialogen und einem ziemlich unchristlichen Vokabular. Im Deutschen stammen die Fäkalausdrücke und Flüche aus der Bauern- und Tierwelt, im Englischen - für eine Familienzeitung weniger tauglich - aus dem Sexualleben. Madeleine Hutchins hat keine Scheu, Stephanies schwaches Selbstbewusstsein komisch widersprüchlich oft am Rand eines Blondinenwitzes zu zeigen, vermittelt aber auch die tiefe innere Unsicherheit und Abhängigkeit von der Bestätigung durch den Mann. In einem Monolog offenbart Gabrielle Douglas' knackiges Security-Girl Carly, dass Schönheit auch ein Fluch sein kann, setzt dann aber Greg (Jed Shardlow) zielsicher unter Druck, um die Wahrheit über ihren Mann zu erfahren.

In Mathias Wardecks funktional tristem Bühnenraum unterstreicht Regisseur Clifford Dean bei den Beziehungen zwischen den unreifen, auf sich selbst bezogenen Partnern das Spiel um die Macht. Unter ihnen tut Greg einen Schritt weiter. So ist "Reasons to be pretty" auch das positive Gegenstück zu "Das Maß der Dinge", wo eine Frau den "Traummann" zerstört, während Stephanie mit ihrem Schritt Greg zu einem besseren Menschen umbaut.

"Reasons to be pretty" bis 10.11., English Theatre, Karten unter T. 227 70 89; www.englishtheatre.de