Bereits heute öffnen 25 der Hamburger Häuser in der Innenstadt. Am kommenden Wochenende starten dann alle in die neue Saison.

Hamburg. Ein Schelm, wer bei diesem Ereignis zuerst an die Chance auf multiple kostenlose Sektaufnahme oder an 25-mal Freibier denkt. Kunstsinnige Flaneure treibt heute zwischen 18 und 23 Uhr selbstverständlich nichts anderes auf die Fleetinsel und ins Kontorhausviertel als die Erwartung, beim Betrachten von Gemälden, Installationen, Objekten und Fotografien in den 25 dort ansässigen Galerien zu schauen, zu staunen, sich überraschen zu lassen, an Erkenntnis zu gewinnen und massiv inspiriert zu werden - und vielleicht Freunde zu treffen, mit denen man ein Gläschen trinken kann.

Den Saisonstart nach der Sommerpause gestalten manche Hamburger Kunstaussteller und -händler ja öfter mal im organisatorischen Schulterschluss. In diesem Jahr allerdings entlädt sich nach Art eines ausgedehnten Feuerwerks zwischen heute und Sonntag eine so geballte Kunst-Energie wie noch nie zuvor in der Stadt. Fleetinsel und Kontorhausviertel machen nur den Anfang; als transelbische Enklave der Galerien begreift sich kurz auch die Sammlung Falckenberg in Harburg, die ebenfalls heute ihre Ausstellung "Desire Desiese Devise" mit Zeichnungen der italienischen Installationskünstlerin Monica Bonvicini eröffnet.

Am morgigen Freitag begeht die Galerie der Gegenwart - ungeachtet ihres Namens nur der Präsentation der Kunst verpflichtet und nicht dem Handel mit ihr - ihren 15. Geburtstag. Am Sonntag dann ziehen die Galeristen in Altona und Eppendorf nach. Selbst Künstler und Kunsthandwerker in Volksdorf haben den Sonnabend zu ihrem Tag der Tage erkoren, da öffnen sie ihre Werkstätten und Ateliers fürs Publikum.

Es sei eine "unglaubliche Abstimmerei" nötig gewesen, um die Galeristen für dieses Wochenende alle unter einen Künstlerhut zu bekommen, erzählt Angela Holzhauer, die selbst eine Galerie in Altona betreibt und Pressesprecherin des Vereins Galerien für Hamburg ist. "In den 60er-, 70er-Jahren haben die Pöseldorfer das schon mal gemacht, aber da gab es eben nur fünf Galerien in Hamburg. Heute sind es fast 80", sagt sie. Entsprechend vielfältig ist das Angebot, unter dem die Schaulustigen wählen können.

Die nächtliche Malerei von Silke Silkeborg, die bei ausreichend langer Betrachtung immer mehr von ihrer Dunkelheit preisgibt und sich als überraschend farbenreich und tiefgründig offenbart, zeigt etwa die Galerie Kramer Fine Art. Bei Mathias Güntner hat der seit 16 Jahren mit dem Bau monumentaler Schächte, Unterführungen und Überführungen beschäftigte Jan Köchermann einen Tunnel errichtet, der mit seiner Arbeit "Dead End Heedfeld" korrespondiert, die derzeit in der Ausstellung "Lost Places" in der Kunsthalle zu erleben ist. Heiko Zahlmann hat der Galerie Borchardt eine Beton-Kunst-Skriptur verpasst, die sich über den ganzen, 50 Meter langen Raum erstreckt. Ihr Titel "Sinn Form" lässt an die gleichnamige Literaturzeitschrift der DDR denken und bezieht sich ausdrücklich auf den Buchstabencharakter von Zahlmanns Raumkunst in Beton.

Foto-Fans machen bei Robert Morat Station, der zwei sehr unterschiedliche, von Christian Patterson fotografierte Themen in seine beiden Ladenwohnungsräume gehängt hat: Eine Serie über Musik aus Memphis, Tennessee, und eine spannende Spurensuche eines Verbrechens, das vor über 50 Jahren Amerika bewegte. Alle Galerien ziehen ab morgen drei Tage lang an einem Strang und öffnen bis einschließlich Sonntag ihre Räume von 12 bis 19 Uhr ( www.saisonstart-hamburg.de ).