Die Dokumentation “Steve Jobs: The Lost Interview“ huldigt dem Apple-Gründer. Ein 17 Jahre altes Gespräch, das fasziniert und erschreckt.

Eigentlich ist das Ganze ein Horrorfilm, eine Dokumentation über einen absolutistischen Herrscher, der nur Freund und Feinde kennt. Denn es ist aus heutiger Sicht, 17 Jahre später, schon ziemlich erschreckend, mit welcher Präzision der damalige Ex-Apple-Chef Steve Jobs mit seinen Visionen über den Mensch und dessen Abhängigkeit von handzahmen Computern und diesem sonderbaren Ding namens Internet ins Schwarze traf.

Das Gespräch sollte ursprünglich Teil der TV-Doku-Reihe "Triumph of the Nerds" sein, also den Sieg der verschrobenen, technikbesessenen Platinenkleber würdigen. Nach der Aufzeichnung war ein Großteil des Materials verschollen, gesendet wurden nur kurze Teile, bis die Bänder in einer Garage wieder auftauchten. Jobs - mit Schlaumeierbrille und schwarzem Rollkragenpullover schon im unverwechselbaren Design verpackt - machte eine One-Man-Show draus. Es gibt nur eine Einstellung, die Bildqualität ist bescheiden. Etwa eine Stunde lang redet nur einer. Über seine Visionen, seine Firma, aber auch: seine Fehler. Denn 1985 hatten ihn diejenigen aus seiner Firma gedrängt, die er eingestellt hatte. Dennoch: "Es kommt mir nicht darauf an, recht zu haben. Mir macht es auch nichts aus, falschzuliegen. Das Einzige, was für mich zählt, ist Erfolg."

Der 2011 verstorbene Charismatiker Jobs bringt pointensicher einige der inzwischen klassischen Anekdoten und verbalen Kniekehlentritte: "Microsoft", das Unternehmen des langjährigen Erzrivalen Bill Gates, "das ist McDonald's, das finde ich traurig. Das Schlimme bei denen: Sie haben absolut keinen Geschmack." Schön ist auch die Schote mit dem Gerät, das Jobs und sein Kumpel Steve Wozniak erfanden, um kostenlos in alle Welt zu telefonieren. Sie taten damals so, als seien sie Henry Kissinger, und riefen im Vatikan an, um den Papst an den Hörer zu kriegen. Das hat nicht geklappt, auch aus Jobs' damaliger Firma NeXT ist nichts richtig Großes geworden. Dafür aber, nur zwei Jahre nach diesem TV-Interview, gelang das grandiose, weltverändernde Comeback von Jobs. Heute ist der Konzern der wertvollste auf dem Globus. Dieses Interview zeigt, warum.

Bewertung: empfehlenswert

"Steve Jobs: The Lost Interview" USA 2011, 67 Minuten, o. A., R: Paul Sen, täglich im Abaton(OmU); www.stevejobs-thelostinterview.de